Tano, unser Mafioso, ist eigentlich gar kein Mafioso mehr. Ich finde, er ist sogar richtig gut erzogen. Der schwere Ausbruch der Leishmaniose und die Behandlung hat unsere Bindung noch mal gestärkt. Ich hätte nie gedacht, dass der kleine Flummi, der völlig respektlos kurz auf den Tisch hüpfte, sich ein Baguette klaute und damit verschwand und gerne mal Dinge zerlegte, die wir unvorsichtigerweise herumliegen ließen, mal so einen "Will to please" haben könnte. Er hört unglaublich gerne, dass er ein toller Hund ist und macht dafür einiges. Ich kann ihn, wenn ich an meinem Schreibtisch sitze, er zum Hundegitter läuft und ich nicht möchte, dass er durch die Katzenklappe nach oben tippelt, problemlos bremsen. Es reicht ein freundliches "Tano nein. Leg Dich hin" und er tippelt, begleitet von meinem "Feeein. Super Hund" zum Sofa oder zu einer Kudde und rollt sich dort zusammen. Wenn ich im Katzenzimmer bin, wartet er brav vor dem offenen Gitter, bis ich ihm sage, dass er reinkommen darf oder er bleibt dort, bis ich wieder heruntergehe. Wenn er meint, am Zaun anschlagen zu müssen, reicht ein "Schluss" oder "Ru-he" und er schweigt. Er bleibt allerdings am Zaun, um zu prüfen, dass sein Ärgernis, ob Hund, fröhliche Schulkinder oder der Paketbote nicht doch über den Zaun fallen. Es ist deutlich dabei zu sehen, wie gerne er bellen würde, aber er weiß, dass er dann reinkommen muss.
Er ist unglaublich gut an der 15-Meter-Schlepp. Wenn er in den Büschen schnüffelt und ich rufe ihn ab, kommt er in 99% aller Fälle denselben Weg zurück, auf dem er reingegangen ist, so dass die Schlepp sich so gut wie nie verhakt. Wenn er an einem Mauseloch schnuppert und zurückbleibt, reicht ein Schnalzen, um ihn wieder aufschließen zu lassen. Natürlich bekommt er dafür immer ein "Suuuper! Toller Hund!". Worauf seine Augen in dem lachenden Gesichtchen strahlen und sein Schwanz propellert. Seine Miene drückt große Selbstzufriedenheit aus und sagt deutlich: "Gell, ich war toll, nä?"
So auch heute: Wir hatten tolles Wetter. Lotta lief frei, Kalle auch. Lotta stürmte voran, Kalle vertrödelte sich und schnupperte ausgiebig hinter uns, begleitet von Chris. Ich hatte Tano an der Schlepp, der in einen Maginotgraben hüpfte und sich an einem Busch festschnupperte. Auf mein Schnalzen und "Weiter" schoss ein Tano aus dem Graben, lief an mir vorbei und voraus, was reflexmäßig ein "Suuuper" bei mir zur Folge hatte. Gleichzeitig registrierte mein Gehirn, dass was nicht in Ordnung war: Tano kam zwar auf meinen Abruf wie immer und stürmte wie immer an mir vorbei. Er war allerdings splitterfasernackt. Das Geschirr hing leer an der Schlepp und Tano war im Geschwindigkeitsrausch.
Wir waren kurz vor der Kreuzung zum Jakobsweg und mussten nach links, um wieder zum Auto zu kommen. Tano stürmte in Wahnsinnstempo den Jakobsweg nach rechts und da der Weg sehr kurvig ist, war er kurz darauf nicht mehr zu sehen und er reagierte auch nicht auf Pfiff. Wir beschlossen, Lotta und Kalle erst mal zum Auto zu bringen und in ihre Boxen zu packen und dann nach Tano zu suchen. Das war aber gar nicht nötig, denn wir waren grade 50 Meter auf dem Pilgerweg, als uns Tano quasi "nachgeflogen" kam und sich riesig über uns freute. Unser erster Impuls war, ihn wieder anzuleinen, aber dann wollten wir sehen, was passiert, wenn er frei bleibt. Er lief vor oder blieb zurück, achtete aber immer darauf, wo wir waren und wir kamen alle gemeinsam am Auto an, wo wir Tano wieder sein Geschirr anzogen und ihn in seine Box setzen, wo er zufrieden hechelte.