Moin,
klingt ja nach sehr unschönem Stress den Du da hast.
Das nen Minibulli im Alter von 11 Monaten ein Ekelpaket sein kann ist ja erstmal keine Überaschung, aber Deinen Schilderungen nach geht das doch über das "normale Maß" hinaus.
Ich glaube aber nicht, dass eine Kastration gleich ob chemisch oder chirurgisch der richtige Ansatz ist.
Eine Kastration hilft immer dann, wenn das Problem mit Artgenossen "S.exuell motiviert" ist, Hundehalter die sich eine generelle Beruhigung erhoffen werden oft enttäuscht und auch Deine Zweifel ob solch eine Hormonbehandlung in seinem Alter nachteilig sein können sind nicht unberechtigt.
Grundsätzlich würde ich 2 Dinge für nötig erachten:
1. ihr braucht ganz akut einen Plan um Deine Hündin zu schützen
2. einen langfristigen Plan bzw eine ordentliche "Fehlersuche".
Auf jeden Fall würde ich mir Menschen suchen, die richtig viel Erfahrung mit Minibullis haben. Ggf sogar nen Hundetrainer, der da spezielle Ahnung hat.
Akut würde das für mich heißen:
er fängt an ihr hinterher zu schleichen,sie versucht ihm aus dem Weg zu gehen ,grummelt ihn an und dann gehts los...
Auf der Grundlage würde ich die beiden z.B. nur noch unter Aufsicht zusammen lassen und solche Mobberei von ihm ganz klar unterbinden.
Bezogen auf meine Hunde (Deine kenne ich ja nicht, da kann was ganz Anderes richtig sein) bedeutet das ganz konkret, dass ich erst einmal zwei Hunde hatte bei denen ich tatsächlich darauf vertrauen konnte, dass die das unter sich klären und keinem was passiert. Ansonsten bin hier im Haus ganz klar ich diejenige, die sowas unterbindet.
Sprich: Hier wäre er nur noch in meiner Anwesenheit mit der Hündin zusammen und würde sobald er diese hinterherschleichen zeigt, sie abdrängt, anrempelt, fixiert, oder oder oder postwendend nen Abflug auf seinen Platz macht und da dann erstmal bleibt.
Meiner Erfahrung nach erzeugen solche Mobberein/Angriffe bei dem gemobbten/angegriffenen Hund Unsicherheit, die siich dann in der gesamten Interaktion wiederspiegelt und (grad pubertierende) Stänkerer gradeweg dazu einläd "den Terror" auszuweiten.
Bezieht man da als Mensch dann eine ganz klare Position und stellt ohne jeden Zweifel klar, dass man auch noch da ist, das nicht duldet und schon allein das Einstellen der Körpersprache auf solch eine Attacke darauf hinausläuft das man beleidigt auf seinem Platz zu liegen hat während der doof, schwächliche Hund sich frei bewegen darf, dann wirkt sich das meiner Erfahrung nach in zweierlei Hinsicht positiv aus:
- der gemobbte Hund merkt, dass er dem nichtmehr schutzlos ausgeliefert ist und wird wieder souveräner, was die Stinkkröte entmutigt
- Stinkkröte kommt gar nicht erst auf die Idee, dass er sich selbst aussuchen darf wie er welches Mitglied der Familie behandelt
Wie gesagt, das ist so der Weg den ich fahre und meist Kunden in ähnlichen Lagen wie Deiner empfehle, aber es bleibt eine "Ferndiagnose", ich habe Deinen Hund ja nie gesehen und bin auch niemand der nun herausragende Ahnung von Bullis hat.
Das Stellung beziehen und eingreifen in die Hausinterne Rangordnung ist auch nicht unumstritten, da gibt es viele verschiedene Meinungen und Konzepte.
Während ich grundsätzlich die Schiene fahre, dass der Hund, der den Streit vom Zaun bricht vom Menschen ein glasklares Echo bekommen sollte, kenne ich auch Trainer, die in solch einer Situation darauf hinarbeiten würden, dass die alte Hündin sich unterwirft. Davon halte ich persönlich allerdings nichts.
Wichtig ist einfach, dass Du ein Konzept findest an dem Du stetig dranbleibst. Entweder "darf" er sie anpöbeln und beißen oder nicht und wenn nicht, dann darf er es niemals dürfen.
Hier würd ich Dir wirklich vorschlagen Dir einen Trainer oder versierten Bullikenner ins Haus zu holen und mit dieser Person zusammen ein Konzept auszuarbeiten. Wichtig ist hier, dass Du Dich mit dem Konzept wohlfühlst.
Solltest Du Dich dagegen entscheiden ihn bei jeder Mobberei gegen sie "kaltzustellen" würde ich auch bei Euch zuhause einen Maulkorb nutzen.
Nicht nur um Verletzungen zu vermeiden, sondern auch, weil jeder Biss die Fronten verhärten kann und Deine Hündin dadurch nicht souveräner werden kann.
Das was Du im Umgang mit anderen Hunden in der Hundeschule schilderst kann ich unmöglich beurteilen ohne das life gesehen zu haben.
Ohne Deiner Cheffin nun ihre Kompetenz absprechen zu wollen (dazu hab ich gar nicht das Recht und den Einblick) finde ich den Vorschlag mit der chemischen Kastration ein bischen schräg.
Klar schiessen in dem Alter mal die Hormone über und klar muss man dann grad bei nem bulli sehr gründlich überlegen wie man Hundebegegnungen und das miteinanderleben gestaltet.
Aber ich glaub nicht, dass Euer Problem mit einer (chemischen) Kastration zu lösen ist.
Aber hier kommt die Diagnostik ins Spiel:
Wenn auch ein Bullikenner ihn für "auffällig prollig" hält würd ich mit den Burschen mal genauer anschauen. Schilddrüse angucken, schauen ob mehr S.exualhormone in ihm rumgeistern als es der Fall sein solle.
Auch die Ernährung kann bei sowas eine Rolle spielen.
zudem hieß es,Rüden mit einem Hoden wären oft aggressiver...ich habe das zum erstenmal gehört
Das betrifft euch eher nicht. Damit sind Einhoder gemeint, deren problematischer Hoden nicht entfernt wurde. Und selbst dazu gibts dann unterschiedliche Theorien.
Die üblichsten sind, dass ein im Leistenbereich eingeklemmter Hoden einfach mal entsetzlich weh tun kann und Schmerzen aggressiv machen können und die Überlegung ob solch ein Hoden dergestalt entarten kann, dass er für einen Hormonspiegel sorgt, der den Hund kirre macht.
Da bei Deinem Rüden der "krankhafte" Hoden entfernt wurde und der andere in Ordnung ist fällt die Einhodigkeit als Grund für seine Unfreundlichkeit weg, vorrausgesetzt der verbliebene Hoden ist wirklich in Ordnung.
Lange Rede kurzer Sinn:
Ich glaube nicht, dass Euch eine chemische Kastration weiterbringt.
Dennoch können die Gründe für sein Verhalten vielfältig sein (rein psychisch, hormonell, Ernährungsbedingt....) und ich würde einfach mit einem Tierarzt dem Du vertraust sprechen.
Sollte sich kein "simpler" Ansatz als Grund für sein Verhalten anbieten, dann kommt man manchmal nur über Ausschlussverfahren an die Ursache und im Rahmen solch eines Ausschlussverfahrens kann auch die chemische Kastration Euch weiterbringen.
Wäre halt nicht der Ansatzpunkt meiner Wahl, aber wie gesagt ich kenn den Hund ja auch nicht.
Besprich das mit einem Bullikenner und einem Tierarzt Deines Vertrauens.
Alles Gute
Fraukie