Sachsen-Anhalt, 25.1.03
Der Arbeitskreis Inneres der CDU- und FDP-Fraktionen im Landtag von Sachsen-Anhalt veranstaltete in der vergangenen Woche eine Anhörung zum viel diskutierten Reizthema Landeshundegesetz. Dabei zeichneten sich zum ersten Mal sinnvolle Lösungsansätze ab: Es geht nicht mehr um angebliche "Kampfhunde", sondern um die wenigen, wirklich gefährlichen Hunde.
Am Ende der von den CDU-Abgeordneten Siegfried Borgwardt (Jessen/Gräfenhainichen) und Frank Scheurell (Wittenberg) angeregten Anhörung waren sich die anwesenden Landtagsabgeordneten mit den geladenen Hundeexperten überraschend einig: Die bisher in Deutschland praktizierten Regelungen, bei denen die angebliche Gefährlichkeit von Hunden über bestimmte Rassen definiert wird, sind weder sachlich richtig noch in der Praxis dazu geeignet, die Bürgerinnen und Bürger wirksam vor tatsächlichen Gefahren zu schützen.
Auf Seiten der Hunde-Experten waren Wolfgang Marchewka mit seiner American Staffordshire Terrier-Hündin "Ina vom Klotzberg" ebenso erschienen wie Klaus Rose, Präsident des Vereins "Hunde helfen Menschen", sowie Henkenjohann, Vorsitzender des Vereins gegen die Diskriminierung von Hund und Halter. Weitere Fachleute hatten den Abgeordneten schriftliche Stellungnahmen geschickt.
"Es war eine sehr fruchtbare Diskussion, wir sind sehr unvoreingenommen an das Thema herangegangen", kommentierte der Vorsitzende des Arbeitskreises Inneres, der Dessauer CDU-Abgeordnete Jens Kolze, den Verlauf der Anhörung, "wir können die Gefährlichkeit von Hunden wirklich nicht an den Rassen festmachen, sondern müssen etwaige Probleme immer im Zusammenhang mit dem jeweiligen Halter sehen, denn scharfgemacht werden kann jeder Hund."
In der weiteren Diskussion wollen die Fraktionen von CDU und FDP nun überlegen, welcher Weg für die Praxis geeignet sei: entweder ein neues Hundegesetz mit sinnvollen Regelungen erarbeiten oder aber für die Behörden vor Ort wirksame Ausführungsbestimmungen zum bestehenden Tierschutzgesetz beschließen, denn: "Im Prinzip wird im Tierschutzgesetz der richtige Umgang mit den Tieren gefordert und auch die Sachkunde aller Tierhalter verlangt, es fehlt aber ein geeignetes Instrument zur Durchsetzung dieses Gesetzes."
Letzteres wird auch in der FDP diskutiert: Die Abgeordneten Guido Kosmehl (Wolfen) und Peter Kehl (Halle) fragen sich, ob ein neues Landeshundegesetz wirklich notwendig sei oder ob man nicht endlich dazu übergehen sollte, bestehendes Recht auch anzuwenden.
"Wir wollen ja nicht immer mehr Bürokratie, sondern deregulieren", sagt Peter Kehl. Die Anhörung im Magdeburger Landtag war auf die Tagesordnung gesetzt worden, weil der Wittenberger Halter der American Staffordshire Terrier Hündin "Ina vom Klotzberg", Wolfgang Marchewka, geklagt und gewonnen hatte: Die vom ehemaligen Innenminister Manfred Püchel (SPD) gegen den Rat vieler Experten im Wahlkampf durchgesetzte Hundeverordnung von Sachsen-Anhalt ist in einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg in allen wesentlichen Teilen für rechtswidrig und damit nichtig erklärt worden.
Als Konsequenz dieser Gerichtsentscheidung hatten sich die CDU-Abgeordneten Siegfried Borgwardt und Frank Scheurell für die Anhörung eingesetzt, denn: "Die von bestimmten Medien geschürte Hysterie um angebliche Kampfhunde bringt uns nicht weiter, wir müssen gezielt gegen die wenigen problematischen Hundehalter vorgehen, und zwar unabhängig von der Rasse der von diesen Leuten gehaltenen Hunde, und außerdem sollten wir endlich die vorbeugende Arbeit unterstützen, wie sie zum Beispiel vom Verein "Hunde helfen Menschen" bundesweit in vorbildlicher Weise geleistet wird."
Die Anhörung verlief auch deshalb so harmonisch, weil auf Seiten der Abgeordneten mit dem CDU-Vertreter Ralf Laaß (Oranienbaum) ebenfalls ein ausgesprochener Hunde-Experte vertreten war.
In seiner Eigenschaft als Trainer von Gebrauchshunden stellte Laaß fest, dass die bisherigen Diskussionen über wenige, willkürlich ausgewählte Hunderassen dem Ziel eines verbesserten Schutzes der Bevölkerung nicht dienlich sind.
Ergänzend dazu:
Super Sonntag
Ein Lob den vernünftigen Abgeordneten
In den vergangenen Monaten sind Politiker in Deutschland nicht unbedingt durch positive Leistungen aufgefallen. Im Gegenteil: Vor allem, wenn man die Berliner Verhältnisse betrachtet, bleibt für die Kaste der Volksvertreter häufig nur Kopfschütteln, mitunter sogar Verachtung übrig, denn Entscheidungen, die der Sache wirklich dienen, sind in diesen unseren Landen Mangelware.
Lange Zeit hat das auch für das Reizthema "Kampfhunde" gegolten: Angetrieben durch sachlich nicht gerechtfertigte Sensationsgeschichten blutgieriger Medien haben sich Politiker aller Bundesländer zum Populismus verleiten lassen und nach der "Rübe-runter-Methode" Hundeverordnungen erlassen, die sowohl den Rechtsstaat verhöhnen als auch das Problem der gefährlichen Hunde in Deutschland nicht lösen - auch wenn das der eine oder andere unkundige Bürger nicht wahrhaben will.
Plötzlich sieht das ganz anders aus, wenn auch zunächst "nur" im Land Sachsen-Anhalt: Vor dem Hintergrund eindeutiger Gerichtsurteile haben mehrere Abgeordnete damit begonnen, in aller Ruhe und fernab der unhaltbaren Schlagzeilen der Boulevardpresse sachlich über vernünftige Lösungswege nachzudenken.
Besonders schön für unsere Region, dass die einheimischen CDU-Abgeordneten Siegfried Borgwardt und Frank Scheurell sowie der Dessauer Jens Kolze dabei eine Vorreiterrolle gespielt und in kurzer Zeit Unterstützung von weiteren Fraktionskollegen und von der FDP erhalten haben. Ihnen allen ist inzwischen klar, dass die besonders menschenverachtende, vom Oberverwaltungsgericht endgültig für rechtswidrig erklärte Hundeverordnung von Sachsen-Anhalt nicht den berechtigten Sicherheitsinteressen der Bürgerinnen und Bürger geschuldet war, sondern den letzten Zuckungen der zu Recht abgewählten ehemaligen SPD-PDS-Regierung um den fachlich erschreckend schwachen Ex-Innenminister Püchel und den als Landesvater erbärmlich wirkenden Ex-Ministerpräsidenten Höppner.
Von den übereinstimmenden Aussagen der Wissenschaftler, es gäbe keine gefährlichen Hunderassen, sondern nur als Einzelfälle gefährliche Hunde in allen Rassen und Mischlingsformen, sollte sich auch der nun amtierende Innenminister Klaus Jeziorsky leiten lassen und nicht von den dümmlichen Äußerungen seines Pressesprechers Matthias Schuppe, der sich als ebenso lernunwilliges wie arrogant auftretendes Relikt aus vergangenen Zeiten längst einen Platz in Ministerpräsident Böhmers Notizbuch der für eine Kündigung überfälligen Ministerialmitarbeiter verdient hat.
Eines ist bei der Anhörung im Magdeburger Landtag deutlich geworden: Sachsen-Anhalt hat nun die einmalige Chance, durch qualifizierte Bestimmungen in Sachen Hundegesetz zu einem Vorbild in Deutschland zu werden. Eine Vorbildfunktion, die finanziell nichts kostet, sondern nur die Bereitschaft erfordert sich selbst einzugestehen, dass man sich in der Vergangenheit beim Thema "Kampfhund"/gefährlicher Hund geirrt hat.
Über diesen Schatten sollte auch Innenminister Klaus Jeziorsky springen können, denn so ein Schattensprung ist allemal sinnvoller, als weiterhin die gutwilligen, sich ehrenamtlich für die Aufklärung der Menschen einsetzenden Hundehalter vor den Kopf zu stoßen.
Der Arbeitskreis Inneres der CDU- und FDP-Fraktionen im Landtag von Sachsen-Anhalt veranstaltete in der vergangenen Woche eine Anhörung zum viel diskutierten Reizthema Landeshundegesetz. Dabei zeichneten sich zum ersten Mal sinnvolle Lösungsansätze ab: Es geht nicht mehr um angebliche "Kampfhunde", sondern um die wenigen, wirklich gefährlichen Hunde.
Am Ende der von den CDU-Abgeordneten Siegfried Borgwardt (Jessen/Gräfenhainichen) und Frank Scheurell (Wittenberg) angeregten Anhörung waren sich die anwesenden Landtagsabgeordneten mit den geladenen Hundeexperten überraschend einig: Die bisher in Deutschland praktizierten Regelungen, bei denen die angebliche Gefährlichkeit von Hunden über bestimmte Rassen definiert wird, sind weder sachlich richtig noch in der Praxis dazu geeignet, die Bürgerinnen und Bürger wirksam vor tatsächlichen Gefahren zu schützen.
Auf Seiten der Hunde-Experten waren Wolfgang Marchewka mit seiner American Staffordshire Terrier-Hündin "Ina vom Klotzberg" ebenso erschienen wie Klaus Rose, Präsident des Vereins "Hunde helfen Menschen", sowie Henkenjohann, Vorsitzender des Vereins gegen die Diskriminierung von Hund und Halter. Weitere Fachleute hatten den Abgeordneten schriftliche Stellungnahmen geschickt.
"Es war eine sehr fruchtbare Diskussion, wir sind sehr unvoreingenommen an das Thema herangegangen", kommentierte der Vorsitzende des Arbeitskreises Inneres, der Dessauer CDU-Abgeordnete Jens Kolze, den Verlauf der Anhörung, "wir können die Gefährlichkeit von Hunden wirklich nicht an den Rassen festmachen, sondern müssen etwaige Probleme immer im Zusammenhang mit dem jeweiligen Halter sehen, denn scharfgemacht werden kann jeder Hund."
In der weiteren Diskussion wollen die Fraktionen von CDU und FDP nun überlegen, welcher Weg für die Praxis geeignet sei: entweder ein neues Hundegesetz mit sinnvollen Regelungen erarbeiten oder aber für die Behörden vor Ort wirksame Ausführungsbestimmungen zum bestehenden Tierschutzgesetz beschließen, denn: "Im Prinzip wird im Tierschutzgesetz der richtige Umgang mit den Tieren gefordert und auch die Sachkunde aller Tierhalter verlangt, es fehlt aber ein geeignetes Instrument zur Durchsetzung dieses Gesetzes."
Letzteres wird auch in der FDP diskutiert: Die Abgeordneten Guido Kosmehl (Wolfen) und Peter Kehl (Halle) fragen sich, ob ein neues Landeshundegesetz wirklich notwendig sei oder ob man nicht endlich dazu übergehen sollte, bestehendes Recht auch anzuwenden.
"Wir wollen ja nicht immer mehr Bürokratie, sondern deregulieren", sagt Peter Kehl. Die Anhörung im Magdeburger Landtag war auf die Tagesordnung gesetzt worden, weil der Wittenberger Halter der American Staffordshire Terrier Hündin "Ina vom Klotzberg", Wolfgang Marchewka, geklagt und gewonnen hatte: Die vom ehemaligen Innenminister Manfred Püchel (SPD) gegen den Rat vieler Experten im Wahlkampf durchgesetzte Hundeverordnung von Sachsen-Anhalt ist in einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg in allen wesentlichen Teilen für rechtswidrig und damit nichtig erklärt worden.
Als Konsequenz dieser Gerichtsentscheidung hatten sich die CDU-Abgeordneten Siegfried Borgwardt und Frank Scheurell für die Anhörung eingesetzt, denn: "Die von bestimmten Medien geschürte Hysterie um angebliche Kampfhunde bringt uns nicht weiter, wir müssen gezielt gegen die wenigen problematischen Hundehalter vorgehen, und zwar unabhängig von der Rasse der von diesen Leuten gehaltenen Hunde, und außerdem sollten wir endlich die vorbeugende Arbeit unterstützen, wie sie zum Beispiel vom Verein "Hunde helfen Menschen" bundesweit in vorbildlicher Weise geleistet wird."
Die Anhörung verlief auch deshalb so harmonisch, weil auf Seiten der Abgeordneten mit dem CDU-Vertreter Ralf Laaß (Oranienbaum) ebenfalls ein ausgesprochener Hunde-Experte vertreten war.
In seiner Eigenschaft als Trainer von Gebrauchshunden stellte Laaß fest, dass die bisherigen Diskussionen über wenige, willkürlich ausgewählte Hunderassen dem Ziel eines verbesserten Schutzes der Bevölkerung nicht dienlich sind.
Ergänzend dazu:
Super Sonntag
Ein Lob den vernünftigen Abgeordneten
In den vergangenen Monaten sind Politiker in Deutschland nicht unbedingt durch positive Leistungen aufgefallen. Im Gegenteil: Vor allem, wenn man die Berliner Verhältnisse betrachtet, bleibt für die Kaste der Volksvertreter häufig nur Kopfschütteln, mitunter sogar Verachtung übrig, denn Entscheidungen, die der Sache wirklich dienen, sind in diesen unseren Landen Mangelware.
Lange Zeit hat das auch für das Reizthema "Kampfhunde" gegolten: Angetrieben durch sachlich nicht gerechtfertigte Sensationsgeschichten blutgieriger Medien haben sich Politiker aller Bundesländer zum Populismus verleiten lassen und nach der "Rübe-runter-Methode" Hundeverordnungen erlassen, die sowohl den Rechtsstaat verhöhnen als auch das Problem der gefährlichen Hunde in Deutschland nicht lösen - auch wenn das der eine oder andere unkundige Bürger nicht wahrhaben will.
Plötzlich sieht das ganz anders aus, wenn auch zunächst "nur" im Land Sachsen-Anhalt: Vor dem Hintergrund eindeutiger Gerichtsurteile haben mehrere Abgeordnete damit begonnen, in aller Ruhe und fernab der unhaltbaren Schlagzeilen der Boulevardpresse sachlich über vernünftige Lösungswege nachzudenken.
Besonders schön für unsere Region, dass die einheimischen CDU-Abgeordneten Siegfried Borgwardt und Frank Scheurell sowie der Dessauer Jens Kolze dabei eine Vorreiterrolle gespielt und in kurzer Zeit Unterstützung von weiteren Fraktionskollegen und von der FDP erhalten haben. Ihnen allen ist inzwischen klar, dass die besonders menschenverachtende, vom Oberverwaltungsgericht endgültig für rechtswidrig erklärte Hundeverordnung von Sachsen-Anhalt nicht den berechtigten Sicherheitsinteressen der Bürgerinnen und Bürger geschuldet war, sondern den letzten Zuckungen der zu Recht abgewählten ehemaligen SPD-PDS-Regierung um den fachlich erschreckend schwachen Ex-Innenminister Püchel und den als Landesvater erbärmlich wirkenden Ex-Ministerpräsidenten Höppner.
Von den übereinstimmenden Aussagen der Wissenschaftler, es gäbe keine gefährlichen Hunderassen, sondern nur als Einzelfälle gefährliche Hunde in allen Rassen und Mischlingsformen, sollte sich auch der nun amtierende Innenminister Klaus Jeziorsky leiten lassen und nicht von den dümmlichen Äußerungen seines Pressesprechers Matthias Schuppe, der sich als ebenso lernunwilliges wie arrogant auftretendes Relikt aus vergangenen Zeiten längst einen Platz in Ministerpräsident Böhmers Notizbuch der für eine Kündigung überfälligen Ministerialmitarbeiter verdient hat.
Eines ist bei der Anhörung im Magdeburger Landtag deutlich geworden: Sachsen-Anhalt hat nun die einmalige Chance, durch qualifizierte Bestimmungen in Sachen Hundegesetz zu einem Vorbild in Deutschland zu werden. Eine Vorbildfunktion, die finanziell nichts kostet, sondern nur die Bereitschaft erfordert sich selbst einzugestehen, dass man sich in der Vergangenheit beim Thema "Kampfhund"/gefährlicher Hund geirrt hat.
Über diesen Schatten sollte auch Innenminister Klaus Jeziorsky springen können, denn so ein Schattensprung ist allemal sinnvoller, als weiterhin die gutwilligen, sich ehrenamtlich für die Aufklärung der Menschen einsetzenden Hundehalter vor den Kopf zu stoßen.