Beschlussfassung Gesetz ü. d. Halten u. Führen v.Hunden in Berlin

merlin

20 Jahre Mitglied
Lfd. Nr. 10, Drucksache 14/618:

I. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über das Halten
und Führen von Hunden in Berlin (17.09.00)

Der Ältestenrat empfiehlt hierzu eine Redezeit von bis zu 5 Minuten pro
Fraktion. Dazu höre ich keinen Widerspruch und eröffne die I. Lesung. Für
die Fraktion der Grünen hat sich Frau Abgeordnete Hämmerling gemeldet
–bitte schön, Sie haben das Wort!

Frau Hämmerling (Grüne:(Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau
Schöttler! Vor vier Jahren, am 21. Juli 1996, fiel ein Schäferhund in
Droysendorf ein 16 Monate altes Mädchen an und tötete es mit Bissen in den
Kopf. Droysendorf liegt in Bayern, und dieser Todesfall ist nur einer von
dreien, seit Kampfhunde in Bayern verboten sind. Im Gegensatz zum Tod des
kleinen Volkan in Hamburg gab es aber keinen öffentlichen Sturm der
Entrüstung. Und ich bin, ehrlich gesagt, ratlos, weshalb. Vielleicht, weil
Opfer von Bissen Deutscher Schäferhunde in Deutschland ebenso akzeptiert
werden wie die 8000 Verkehrstoten in jedem Jahr.

Die Beißstatistiken beweisen, wenn sogenannte Kampfhunde verboten werden,
gibt es mehr Hundebisse. In Frankfurt am Main haben die Hundebisse um 14
Prozent und in Schwabing in Bayern sogar um 20 Prozent zugenommen. Damit
ist klar, das Verbot von Hunderassen löst das Problem mit gefährlichen
Hunden nicht. Diesen Erkenntnissen zum Trotz geht der Berliner Senat
genauso populistisch vor wie seinerzeit Bayern. Er verbietet einige
ausländische Hunderassen, darunter Rassen, die in Berlin nicht gehalten
werden, Hunderassen, die noch nie in einer Beißstatistik vorgekommen sind,

[Zuruf des Abg. Schöneberg (CDU)]

Hunderassen, die andernorts als Rettungs- oder Therapiehunde eingesetzt
werden, und er diskriminiert verantwortungsvolle Hundehalter.

Der Blick über die Landes- und Bundesgrenzen beweist die Willkür der
Rasseverbote. Jedes Bundesland hat allerdings andere, vornehmlich
ausländische Hunderassen als gefährlich eingestuft. Und Sie geben mir
sicher Recht, dass es völlig absurd ist, wenn man die Regelungen in
Frankreich und Deutschland miteinander vergleicht und in Frankreich der
Deutsche Rottweiler verboten ist, während es in Deutschland die
Französische Bordeauxdogge erwischt hat.

[Heiterkeit bei den Grünen –

Abg. Cramer (Grüne:( Rassisten auch da! ]

Es gibt tatsächlich ein schwer wiegendes Problem mit Hunden –mit Hunden,
die auf Aggression gezüchtet und abgerichtet worden sind. Das ist
allerdings kein Rasseproblem, sondern ein soziales. Das Problem sind die
Menschen, die scharf gemachte Hunde brauchen und züchten. Wenn Pitbull und
Co. verboten werden, steigt das Milieu auf andere nicht indizierte
Hunderassen um. Die einschlägige Fachpresse beweist das. Und ich zitiere
aus der Zeitschrift “Starke Hunderassen ”. Hier ist zu lesen:“Dogo
Argenino-Zuchttiere abzugeben wegen Kampfhundeverordnung. ”Als Ersatz
werden dann Neuzüchtungen mit den klangvollen Namen “Alano ”oder “Cane
corso ”angeboten. Mit dem Verbot von Hunderassen unterstützen Sie, meine
Damen und Herren, lediglich die Produktion neuer Hunderassen und das
Aussetzen der Tiere, die auf dem Index stehen. Und wir meinen, wir
brauchen andere Regelungen.

[Beifall bei den Grünen –

Zuruf von der CDU: Welche denn?]

Nehmen Sie die Fakten einfach zur Kenntnis. Und noch eins: Die
Hundehaltung ist wie vieles andere der Mode unterworfen. So meldete die
Deutsche Presseagentur am 7. November 1980 –also vor rund zwanzig Jahren
–:

Die Zahl der Schreckensmeldungen mit großen Hunden nimmt zu.

Soweit ist diese Meldung brandaktuell. Aber weiter heißt es: Das reißende
Ungeheuer Nummer 1 ist der Deutsche Schäferhund, der neben der Deutschen
Dogge in seiner Blutrünstigkeit Stammvater Isegrim übertrifft.

Frau Schöttler, Sie wollen doch nicht allen Ernstes den Deutschen
Schäferhund verbieten? Meine Damen und Herren von der großen Koalition,
akzeptieren Sie, dass 86 Prozent aller Hundebisse in Berlin auf das Konto
nicht indizierter Hunderassen geht. Was tun Sie dagegen? Ihr Gesetzentwurf
schafft keine Sicherheit vor gefährlichen Hunden. Sie sind vor der
Hundelobby eingeknickt. Ihr Gesetzentwurf dient lediglich der Befriedung
der Volksseele, und er suggeriert der Bevölkerung ein falsches Gefühl der
Sicherheit.

Was Ihr Gesetzentwurf noch zu bieten hat, ist auch nicht überwältigend. Es
enthält die selben unsinnigen Regelungen, wie sie auch die hessische
Hundeverordnung enthält, die am Dienstag vom hessischen
Verwaltungsgerichtshof teilweise außer Vollzug gesetzt wurde. So ist das,
wenn man Gesetze jenseits von Fachkompetenz zusammen schustert.

Zum alternativlosen generellen Leinen- bzw. Maulkorbzwang ohne
entsprechende Auslaufgebiete, zu Sterilisations- und Tötungsmaßnahmen, zum
Tierschutz und besonders zu Vollzugsproblemen wäre noch eine ganze Menge
zu sagen. Ich habe hierzu leider nicht die Zeit. Deshalb fordern wir dazu
eine Anhörung mit Fachexperten in den Ausschüssen.

Zum Schutz vor Hundebissen sind weiterführende Regelungen als die im
Gesetz enthaltenen nötig. Wir brauchen eine rassenunabhängige
Kennzeichnungspflicht für alle großen Hunde. Wir brauchen einen
Hundeführerschein, die Haftpflichtversicherung und den
Zuverlässigkeitsnachweis. Darüber hinaus brauchen wir ein
Heimtierzuchtgesetz und Zuchtkontrollen. Wenn Sie mehr darüber wissen
wollen, stelle ich Ihnen gerne eine Broschüre zur Verfügung, die wir
hergestellt haben. Vielleicht gelingt es durch die entsprechenden
Informationen –die offensichtlich der Allgemeinheit, die sich nur durch
die Schlagzeilen der Zeitungen informiert, fehlen –, Ihr Bild ein wenig zu
korrigieren.

Außerdem hat unsere Fraktion schon Anfang des Jahres einen Gesetzentwurf
eingebracht –der leider bis dato noch nicht beraten wurde –, der in der
Lage wäre, vor gefährlichen Hunden und nicht vor zwölf Hunderassen zu
schützen. Ich empfehle Ihnen dringend, diesen Gesetzentwurf alternativ zu
Ihrer populistischen Regelung zu unterstützen. –Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den Grünen und der PDS ]

Vizepräsident Dr. Luther: Vielen Dank, rau Hämmerling. Die CDU-Fraktion
hat nun das Wort. –Bitte, Herr Goetze! Goetze (CDU:(Herr Präsident! Meine
sehr verehrten Damen und Herren! Im Zuge der Diskussion um die Frage, wie
man in einer Großstadt mit gefährlichen Hunden umgeht, haben wir in den
letzten Wochen und Monaten eine Menge erlebt. Bei den Kolleginnen,
Kollegen und Fraktionen sind zahlreiche Briefe angekommen, die teilweise
mit haarsträubenden Drohungen und Beleidigungen gespickt waren. Wir haben
eine Pressekampagne erlebt, die darauf abzielte, zunächst einmal die
handelnden Personen im Senat unter Druck zu setzen, eine möglichst scharfe
Verordnung zu beschließen. Am Tag nachdem diese Verordnung erlassen war
gipfelte die Kampagne in einigen Bildern von Welpen mit der sinngemäßen
Frage:“Müssen diese niedlichen Hundebabys nun alle sterben? ”Hier ist ein
großer Teil Unredlichkeit und Aggressivität im Spiel. Ich hoffe, dass wir
bei der Beratung des Gesetzes –die meiner Prognose nach lang sein wird
–wieder zu vertretbaren und allgemein nachvollziehbaren Fakten
zurückkommen und die überzogenen Reaktionen außen vor lassen.

Der Gesetzentwurf geht mit sehr konkreten Formulierungen im Hinblick auf
Rassen oder Mischlinge vor. In der ursprünglichen Verordnung von 1998
hatten wir dagegen allgemeinere Formulierungen. Ich bin der Ansicht, dass
die Wirksamkeit der damaligen Verordnung nicht so sehr an ihren Regelungen
und Formulierungen krankte, sondern daran, dass diese Regelungen nicht
durchgesetzt und kontrolliert wurden.

[Beifall der Frau Abg. Hämmerling (Grüne)]

Deshalb kann ich mir vorstellen, dass man sich –in dem Sinne, wie es
meine Vorrednerin getan hat –vielleicht eher auf Charakter des Hundes wie
auch des Halters konzentrieren sollte und von namentlichen Nennungen
Abstand gewinnt.

Die Kontrolle ist eines der Schlüsselprobleme. Auf dem Deckblatt des
Gesetzentwurfs haben wir den Satz:

Nötigenfalls ist hierfür ein spezieller Ordnungsdienst aufzubauen.

Ich habe es im Verlauf der Debatte schon immer für nötig gehalten,
Ordungsaufgaben, die auch über das hier Besprochene hinausgehen, in einem
Ordnungsdienst für die Stadt zusammenzufassen. Denn es ist völlig
unsinnig, dass eine Verwaltung Umweltstreifen einsetzt, die andere
Straßenbegeher oder Prüfer für die Sondernutzung öffentlichen
Straßenlands, Veterinäre oder Hundekot- und Leinenkontrolleure. Das ist
alles unsinnig. In dieser Hinsicht macht uns jede mittlere Kleinstadt im
übrigen Bundesgebiet etwas vor, denn dort existiert ein vernünftig
organisierter Ordnungsdienst, der auch Ansprechpartner für die Bürger ist.
Ein solcher Ordnungsdienst kann die beispielhaft aufgeführten Aufgaben und
weiteres umsetzen und ist regelmäßig präsent.

Der Gesetzentwurf hat einige Mängel. Zunächst einmal fehlen entscheidende
Regelungen zum Thema Hundeauslaufgebiete. Wenn wir versuchen, die
Beschränkungen in den Parkanlagen durchzusetzen, stehen wir vor der
Notwendigkeit, spezielle Hundeauslaufgebiete auszuweisen. Wir wollen
keinen massiven zusätzlichen Verkehr erzeugen, indem die Leute nach
Brandenburg und an den Stadtrand fahren. Wir wollen die wohnortnahe
Möglichkeit erhalten, mit den Hunden spazieren zu gehen. Mit der Schaffung
von Hundeauslaufgebieten verbessern wir die jetzige Situation, in der die
Kinderspielplätze in den Parks umzäunt sind und nicht das
Hundeauslaufareal. Diese Situation ist etwas merkwürdig.

Zur Leinenpflicht: Unabhängig von Größe, Rasse, Charakter und Verhalten
ist eine generelle Leinenpflicht, wie sie vorgeschlagen ist, nicht
praktikabel. Hierbei müssen wir mit Augenmaß vorgehen und eine deutliche
Korrektur anbringen. In Bezug auf die Leinenpflicht haben wir wenige
Hinweise darauf, wie der Charakter des Hundes in die Bewertung eingeht, ob
er mit Maulkorb zu führen ist. Der §5 hat leider nur Formalien aufgeführt,
die abgeklärt werden müssen. Auf eine individuelle Prüfung des Tiers wird
nicht eingegangen. Wir haben das Problem, dass die Erlaubnis, die für die
gefährlichen Hunde erteilt wird, mit vielen Ausnahmemöglichkeiten versehen
ist. Sie kann befristet und vorbehaltlich erteilt werden. Das deutet auf
keine rechtssichere Regelung hin. Die Plakette, die die Hunde tragen
sollen, soll fälschungssicher sein. Jeder kann aber das Halsband, an dem
die Plakette hängt, einem beliebigen anderen Hund umhängen. Es erschließt
sich nicht, welchen Wert dann die Fälschungssicherheit haben soll. Zudem
haben wir keine Regelungen zu Zucht, Einfuhr, Vertrieb und Ähnlichem.

Ich wollte mit diesen Details skizzieren, dass wir einen erheblichen
Änderungsbedarf haben, obwohl das Gesetz nicht umfangreich ist. Wir werden
die Gelegenheit nutzen, mit einer möglichst breiten Öffentlichkeit in der
parlamentarischen Debatte die Verhältnisse zurechtzurücken, damit wir eine
Lösung finden, die einerseits die Bedürfnisse nach Sicherheit in der Stadt
berücksichtigt und andererseits Hundehaltung ermöglicht.

–Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU ]

Vizepräsident Dr. Luther: Für die PDS-Fraktion hat nun der Abgeordnete
Klemm das Wort!

Klemm (PDS:(Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können uns noch
gut erinnern: Anfangs dieses Jahres gab es schlimme Übergriffe von
gefährlichen Hunden in Berlin, aber insbesondere bei dem Hamburger Fall,
die nicht klein geredet werden dürfen. Klar ist auch: Handlungszwang
besteht für dieses Parlament, für den Gesetzgeber. Er bestand schon
länger, ist jetzt wieder offenbar geworden, und nun tut sich
offensichtlich etwas.

In diesem Zusammenhang zitiere ich gern Herrn Schily –obwohl er zu diesem
Thema etwas ganz anderes gesagt hat. Er sagte in einem anderen
Zusammenhang: “Gesetzesaktionismus hilft nicht immer weiter.
”Gesetzesaktionismus hilft auch nicht im Umgang mit der Hundefrage weiter,
wie wir am Zurückrudern – auch heute hier im Haus übrigens –einiger
Landesregierungen, z. B. in Nordrhein-Westfalen und Hessen, sehen können,
nachdem sich die mit heißer Nadel gestrickten Verordnungen und Gesetze nun
doch als nicht sinnvoll erweisen.

Hauptproblem bei der Hundefrage war für mich im Frühsommer der Umgang in
der Öffentlichkeit mit dem Problem nach den Vorfällen. Auf einmal riefen
erst die Menschen, dann die Medien, dann die Politik: Pfui, macht das
weg, weg mit den Hunden, möglichst alle aus der Stadt! –Damit waren
schnell alle Hunde und alle Halter, unabhängig davon, wie
verantwortungsvoll die Halter mit ihren Hunden umgegangen sind, mit in der
Haftung. Die Stimmung auch in unserer Stadt war nicht sehr schön. Ich
möchte neben den Übergriffen von Hunden gegen wehrlose Menschen auch daran
erinnern, dass eine Reihe von Hundehalterinnen und -haltern in diesem
Zusammenhang Opfer von schlimmen Übergriffen geworden sind.

Die dann oft vorgeschlagene Tötung von zahlreichen Tieren als Reaktion auf
die Stimmung in der Bevölkerung ist nicht nur tierschutzrechtlich
unzulässig und verstößt gegen den Artikel 31 Abs. 2 der Berliner
Verfassung. Die Tötung von Tieren zur Lösung menschlicher Probleme ist
auch moralisch bedenklich und befördert Verrohungstendenzen in der
Bevölkerung.

[Beifall bei der PDS und den Grünen ]

Für mich ist auch das in der Verwaltung vorhandene Formblatt, mit dem man
als Amtstierarzt mit einem Federstrich die Tötung eines Hundes anordnen
kann, wenn er vom Halter als nicht vermittelbar bezeichnet wird, nach wie
vor tierschutzrechtlich bedenklich. Ich glaube, es ist tierschutzrechtlich
nicht tragbar, aber es wird in der Berliner Verwaltung angewandt.

Jetzt ist die Debatte ruhiger, aber ich habe die bedenkliche Formel noch
in unguter Erinnerung, die von Politikern gern benutzt wurde:
Menschenschutz geht vor Tierschutz. Eine solche Formulierung ist nicht
hilfreich. Wer gegen Tierschutz ist, ist auch in einer gewissen Weise
gegen Umweltschutz und gegen Menschenschutz. Das gilt für mich im Rahmen
des Tierschutzes für Tiertransporte, Tierversuche, Legebatterien, nicht
artgerechte Massentierhaltung, aber auch für den Umgang mit Hunden in
dieser Stadt. Politik muss, statt zu polarisieren, vermitteln, hier
zwischen Menschen mit und ohne Hund.

Die Halter von Hunden sind in der Bringpflicht. Sie müssen dafür sorgen,
dass ihre Tiere artgerecht gehalten werden, sie müssen
verantwortungsbewusst sein, sich Sachkunde aneignen, damit sie mit ihren
Tieren umgehen können. Ziel eines Berliner Gesetzes muss es vor allem
sein, dafür zu sorgen, dass Hunde nur noch in die Hände
verantwortungsvoller Halter und Züchter gelangen. In diesem Sinne findet
sich in dem zu beratenden Gesetzentwurf eine Reihe von guten Ansätzen,
aber auch eine Reihe von Dingen, die so nicht stehen bleiben können.
Stichwort Leinenzwang: Schon der Leinenzwang setzt die Schaffung
ausreichender Auslaufgebiete voraus. Wenn man das gegenüber den Bezirken
nicht durchsetzen kann, muss man sich überlegen, wo man den generellen
Leinenzwang möchte. In §3 stehen dazu eine Reihe von Vorschlägen. Es muss
in der Stadt, vor allem in den Randgebieten, auch Gebiete geben, wo ein
genereller Leinenzwang nicht gefordert ist.

Generelle Maulkorbpflicht für einige Rassen: Im innerstädtischen Bereich,
in Treppenhäusern, Bürohäusern, Fußgängerzonen, öffentlichen
Verkehrsmitteln ist dies völlig akzeptabel. Aber wenn gemäß diesem Gesetz
der Hund und der Halter geprüft sind, muss man in den übrigen Gebieten die
Tiere vom Maulkorbzwang befreien.

Die Bezeichnung von Hunderassen als per se gefährlich halte ich für
falsch. Wer sagt uns, wenn wir Hunderassen faktisch verbieten, dass nicht
in zwei Jahren –die Leute, die sich die Hunde als Statussymbol oder Waffe
anschaffen, sind uns allen bekannt –die gefährlichen Hunde dann
Schäferhund oder Riesenschnauzer heißen. Damit haben wir nichts gelöst.

Zusammenfassend: Zukunftsträchtig ist der vorliegende Gesetzentwurf leider
noch nicht. Er kuriert Symptome, setzt aber beim eigentlichen Problem am
oberen Ende der Leine nicht an. Generell wäre eine bundeseinheitliche
Gesetzgebung zu Zucht- und Importbeschränkungen notwendig, Chippflicht für
alle Hunde und Einführung eines Hundeführerscheins vor Anschaffung des
Hundes für Hunde bestimmter Kategorien. Abschließen möchte ich sagen,
dass ich mich über den bisherigen Verlauf der Debatte durchaus gefreut
habe, besonders über den Beitrag von Herrn Goetze. Ich bin hoffnungsfroh,
dass wir jetzt in der Lage sind, zu den Fakten zurückzukehren –die
Anregung von rau Hämmerling zu einer Anhörung ist bestimmt nicht schlecht
–und ein Gesetz zu schaffen, das langfristig und nachhaltig das Problem
mit gefährlichen Hunden in dieser Stadt löst, also dafür zu sorgen, dass
Hunde nur noch in die Hände verantwortungsvoller Halter gelangen. Das
bekommen wir sicherlich auch hin, wenn wir es gemeinsam wollen.

[Beifall bei der PDS und den Grünen ]

Vizepräsident Dr. Luther: Vielen Dank, Herr Klemm! –Für die Fraktion der
SPD hat die Abgeordnete Fischer das Wort.

Frau Fischer (SPD:(Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Goetze!
Ich muss mich doch sehr wundern. Die Koalition hat im vorigen Jahr den
allgemeinen Leinenzwang in diesem Hause beschlossen und ebenso, wie der
Rat der Bürgermeister den Senat beauftragt, dieses per Gesetz umzusetzen.

[Gewalt (CDU:(Aber mit Auslaufgebieten! ]

Ich weiß, dass es an Hundeauslaufgebieten mangelt, aber, Herr Gewalt, wenn
ich mir einen Hund anschaffe, sollte ich wissen, worauf ich mich
einlasse.

Ich bin dankbar und froh, dass es nach den sehr emotional geführten
Attacken der letzten Jahre und Monate möglich ist, zu mehr Sachlichkeit
zurückzukommen. Wir alle wissen, wie sehr schwierig im Sommer die
Sofortverordnung umzusetzen war. Massive Bedrohungen auch des Lebens
haben uns ereilt. Ich fand es nicht lustig, als man mir sagte, es wäre
doch schön, Kampfhunde auf mich zu hetzen, um mich zu Tode beißen zu
lassen. Es gab diese verbalen Attacken in umfangreichem Maße. Deswegen
finde ich es wichtig, dass wir heute einen Gesetzentwurf vorliegen haben,
der das Zusammenleben zwischen Hundebesitzern und Nichthundebesitzern in
dieser Stadt regeln soll.

Dazu gehören nicht nur ein Zuchtverbot für bestimmte Rassen, eine
Erlaubnispflicht, die Haftpflichtversicherung, datenschutzrechtliche
Bestimmungen, die es erleichtern, die schwarzen Schafe in den Bezirken
ausfindig zu machen. Es gehört auch die allgemeine Leinenpflicht dazu.
Wenn ich höre, Dackel und Pinscher gehören nicht an die Leine: Die sind
schon längst an der Leine, weil die älteren Menschen ihre Hunde an die
Leine nehmen, vor Angst, dass größere Hunde als Gefährdungspotential
auftreten.

Deswegen würde ich mich freuen, wenn wir zur Sachlichkeit zurückkehren
könnten, damit die Vorschriften, die hier angesprochen werden,
schnellstens umgesetzt werden können. Wir alle wissen, Gesetze und
Verordnungen leben nur davon, wenn sie schnell umgesetzt werden.

Seit dem Sommer dieses Jahres sind die Straßen sicherer und sauberer
geworden,

[Beifall bei der SPD ]

nicht zuletzt deswegen, weil viele verantwortungslose und egoistische
Hundehalter in die Verantwortung genommen wurden und werden.

Denn dieses Gesetz appelliert weitgehend an die Verantwortungsbereitschaft
der Hundehalter. Wenn ich einen Hund halten möchte, muss ich die
Verantwortung übernehmen sowohl in dem Bereich, der mich umgibt, als auch
auf der Straße. Und das kann ich nicht abtun nach dem Motto: Mein Hund tut
doch nichts; der will doch nur spielen. Ich erlebe es oft, dass
heranspringende Hunde jungen Eltern mit Kinderwagen oder älteren Menschen,
auch Joggern und Radfahrern den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Dieses
kann in der Großstadt so nicht bleiben.

Vizepräsident Dr. Luther: Frau Fischer! Gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Abgeordneten Winfried Werner?

Frau Fischer (SPD:(Nein! Ich komme gleich zum Ende. Ich möchte, dass
dieses Gesetz zügig beraten wird. Die Menschen in dieser Stadt, die mich
in den letzten Tagen angerufen haben, sagten:“Bitte sorgen Sie dafür, dass
dieses Gesetz zügig umgesetzt wird! ”Die Diskussionen und Beratungen gehen
seit über vier Jahren durch dieses Haus, und allmählich verlieren viele
Menschen die Geduld.

Ich möchte zu einem friedlichen Miteinander von Hundebesitzern und
Nichthundebesitzern in dieser Stadt zurückkehren. Deswegen appelliere ich
an den Koalitionspartner: Geben Sie sich endlich einen Ruck und stimmen
Sie mit uns gemeinsam diesem Gesetzentwurf so zu, wie er uns hier
vorliegt! Lassen Sie uns das ganze dann mit Leben erfüllen und in die Tat
umsetzen! Dann wird diese Stadt auch in den Bereichen, die nicht so
privilegiert sind, wieder lebenswert sein. –Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD –

Beifall des Abg. Trapp (CDU)]

Vizepräsident Dr. Luther: Vielen Dank, Frau Fischer! – Weitere
Wortmeldungen liegen uns nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die
Überweisung der Vorlage an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und
Migration federführend, an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und
Ordnung sowie an den Hauptausschuss. Darüber lasse ich zuerst abstimmen.
Wer diesem Vorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –
Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist das so beschlossen.

Die Fraktion der CDU bittet zusätzlich um eine mitberatende Überweisung an
den Rechtsausschuss. Auch hierüber lasse ich abstimmen. Wir dem so folgen
will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen? –
Stimmenthaltungen? – Dann ist auch das so beschlossen.

_____________________________
 
  • 20. April 2024
  • #Anzeige
Hi merlin ... hast du hier schon mal geguckt?
  • Gefällt
Reaktionen: Gefällt 26 Personen
#VerdientProvisionen | Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen.
Tja, alles schön und gut - aber was wird dabei heraus kommen???

Die SPD wird sich garantiert nicht in die Suppe spucken lassen, die Grünen werden vor dem Koalitionspartner trotz besseren Wissens einknicken (und zu jedem Sche.. den die SPD verzapft "ja und Amen" sagen), und die Opposition hat vermutlich sowieso keine handhabe.

Also wird sich absolut NICHTS ändern!

Um so wichtiger ist die Infoveranstaltung der Berliner Tierärzte vor dem Amtssitz von Frau Schöttler (hatte ich im Forum Ankündigungen schon geschrieben!!!!), um zu zeigen, das die Berliner Tierhalter/Innen durchaus verantwortungsvolle und zuverlässige Menschen, und keine Kriminellen Spinner, sind!



hüpfende Grüße
0000007.gif
Sibse und Gipsy
 
Wenn dir die Beiträge zum Thema „Beschlussfassung Gesetz ü. d. Halten u. Führen v.Hunden in Berlin“ in der Kategorie „Verordnungen & Rechtliches“ gefallen haben, du noch Fragen hast oder Ergänzungen machen möchtest, mach doch einfach bei uns mit und melde dich kostenlos und unverbindlich an: Registrierte Mitglieder genießen u. a. die folgenden Vorteile:
  • kostenlose Mitgliedschaft in einer seit 1999 bestehenden Community
  • schnelle Hilfe bei Problemen und direkter Austausch mit tausenden Mitgliedern
  • neue Fragen stellen oder Diskussionen starten
  • Alben erstellen, Bilder und Videos hochladen und teilen
  • Anzeige von Profilen, Benutzerbildern, Signaturen und Dateianhängen (z.B. Bilder, PDFs, usw.)
  • Nutzung der foreneigenen „Schnackbox“ (Chat)
  • deutlich weniger Werbung
  • und vieles mehr ...

Diese Themen könnten dich auch interessieren:

Gone in a flash
Du musst registriert sein, um diesen Inhalt sehen zu können.
Antworten
0
Aufrufe
75
Gone in a flash
Gone in a flash
helki-reloaded
Unser TSG wäre nicht zu "lasch", wenn denn die Amtsträger jeder Couleur den "A... in der Hose" hätten es mal richtig auszuschöpfen...:nein:
Antworten
3
Aufrufe
279
Candavio
Candavio
bxjunkie
Spanien arbeitet an einem neuen Tierschutzgesetz. Ein erster Überblick über Pflichten und Strafen, die auf Besitzer von Haustieren zukommen könnten. Madrid - Du musst registriert sein, um diesen Inhalt sehen zu können. arbeitet an einem neuen Tierschutzgesetz. Einige Details wurden in einem...
Antworten
0
Aufrufe
275
bxjunkie
N8fee
Spanien will wohl das Gesetz verändern. Mal sehen ob das auch was wird. Du musst registriert sein, um diesen Inhalt sehen zu können.
Antworten
0
Aufrufe
340
N8fee
embrujo
Hundetrainerin gegen Rasseliste Du musst registriert sein, um diesen Inhalt sehen zu können.
Antworten
0
Aufrufe
422
embrujo
embrujo
Zurück
Oben Unten