Berliner Hunde beißen seltener
Maulkorbzwang für zwölf Rassen gilt als Erfolg
Von Heike Dietrich
Wie schnell ein Menschenleben zu Ende sein kann. Um 11.47 Uhr noch spielte der sechsjährige Volkan mit seinen Freunden Fußball auf der Wiese einer Hamburger Grundschule. 23 Minuten später war er tot - verblutet, weil er von einem American Staffordshire Terrier und einem Pitbull niedergebissen wurde. Fast auf den Tag genau ein Jahr liegt der Vorfall nun zurück. Volkan ist tot. Doch die Angst, die der Vorfall vom 27. Juni 2000 bundesweit nicht nur bei vielen Eltern geweckt hat, ist so lebendig wie am Tag danach.
Spätestens seit dem Angriff auf den Jungen stehen sich Hundehalter und -gegner unversöhnlich gegenüber - in Berlin wie überall im Land. Am 4. Juli vergangenen Jahres beschloss der Senat des Landes Berlin, ähnlich wie zuvor und später auch andere Bundesländer, die Sofortverordnung über das Halten und Führen von Hunden in Berlin für zwölf als gefährlich eingestufte Hunderassen. Auf Bundesebene gilt seit dem 21. April 2001 überdies das Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde.
«Für Berlin ist die Sofortverordnung ein voller Erfolg», bilanzierte gestern Klaus-Peter Florian, Sprecher der Senatsverwaltung für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Im Vergleich zu 1999 sei die Zahl der Angriffe, bei denen Berliner von Hunden unterschiedlicher Rassen verletzt wurden, um etwa 20 Prozent gesunken. Für 1999 erfasste die Senatsverwaltung 1816 Vorfälle, 2000 waren es noch 1447.
Seit Juli 2000 hätten Mitarbeiter der Veterinärämter, der Finanzämter und der Polizeidirektionen Hundehalter in insgesamt 40 Schwerpunkteinsätzen kontrolliert. Es gab 1500 Ordnungswidrigkeitsverfahren. 5500 Hunde der Rassen Pitbull, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier und Tosa Inu wurden für die grüne Unbedenklichkeitsplakette angemeldet. 4000 dieser Marken wurden bereits vergeben. «Das Klima in der Stadt hat sich verändert», glaubt der Sprecher. Am 1. Januar 2001 waren insgesamt 102 555 Hunde (nicht nur Kampfhunde) bei den Finanzämtern gemeldet - 6309 mehr als ein Jahr zuvor.
Läuft alles nach den Plänen von Senatorin Gabriele Schöttler (SPD), soll die Sofortverordnung in einem Gesetz weiter verschärft werden. Danach sollen alle Hunde außerhalb gesicherter Privatgrundstücke und Hundeauslaufgebiete an der Leine geführt werden. Pitbulls, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier und Tosa Inu dürften dann nicht mehr gehalten und gezüchtet werden.
Doch sowohl die Sofortverordnung als auch Schöttlers Gesetzentwurf sind umstritten. So beschäftigt sich am 28. Juni der Verfassungsgerichtshof Berlin mit der Verfassungsbeschwerde von 35 Berliner Hundehaltern. Auch auf dem politischen Parkett sind die Meinungen geteilt. Als heftige Kritikerin bezeichnet sich die Abgeordnete Claudia Hämmerling (B 90/Grüne). Eine Rassenliste hält sie für nicht geeignet, um die Gefährlichkeit von Hunden zu beurteilen. «Auf der genetischen Grundlage ist das nicht zu differenzieren», gerade noch zwischen Hund und Wolf könne unterschieden werden. Die Beiß-Statistik scheint für dieses Argument zu sprechen: An ihrer Spitze stehen Mischlinge, Schäferhunde und Rottweiler. Dackel tauchen schon an achter Stelle auf - Bullterrier erst auf Platz elf. «Wir haben es hier mit einem sozialen Problem zu tun», betont Hämmerling. Besitzer missbrauchten Hunde als Waffe. Hämmerling plädiert deshalb dafür, für alle Tiere, die größer sind als 40 Zentimeter Schulterhöhe und schwerer als 17 Kilogramm, eine Art Hunde-Tüv einzuführen. Dabei werden Hund und Halter gleichermaßen auf die Probe gestellt.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Roland Gewalt, spricht sich gegen einen generellen Leinenzwang aus: «Dann müsste ja auch der kleinste Pinscher an die Leine genommen werden.» Gewalt will das Gesetz auf jene vier Rassen - Pitbull, American-Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier - beschränken, die das Bundesgesetz nennt. Wann das Gesetz in Kraft treten kann, sei angesichts der Regierungskrise fraglich.
Quelle : Berliner Morgenpost online
Maulkorbzwang für zwölf Rassen gilt als Erfolg
Von Heike Dietrich
Wie schnell ein Menschenleben zu Ende sein kann. Um 11.47 Uhr noch spielte der sechsjährige Volkan mit seinen Freunden Fußball auf der Wiese einer Hamburger Grundschule. 23 Minuten später war er tot - verblutet, weil er von einem American Staffordshire Terrier und einem Pitbull niedergebissen wurde. Fast auf den Tag genau ein Jahr liegt der Vorfall nun zurück. Volkan ist tot. Doch die Angst, die der Vorfall vom 27. Juni 2000 bundesweit nicht nur bei vielen Eltern geweckt hat, ist so lebendig wie am Tag danach.
Spätestens seit dem Angriff auf den Jungen stehen sich Hundehalter und -gegner unversöhnlich gegenüber - in Berlin wie überall im Land. Am 4. Juli vergangenen Jahres beschloss der Senat des Landes Berlin, ähnlich wie zuvor und später auch andere Bundesländer, die Sofortverordnung über das Halten und Führen von Hunden in Berlin für zwölf als gefährlich eingestufte Hunderassen. Auf Bundesebene gilt seit dem 21. April 2001 überdies das Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde.
«Für Berlin ist die Sofortverordnung ein voller Erfolg», bilanzierte gestern Klaus-Peter Florian, Sprecher der Senatsverwaltung für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Im Vergleich zu 1999 sei die Zahl der Angriffe, bei denen Berliner von Hunden unterschiedlicher Rassen verletzt wurden, um etwa 20 Prozent gesunken. Für 1999 erfasste die Senatsverwaltung 1816 Vorfälle, 2000 waren es noch 1447.
Seit Juli 2000 hätten Mitarbeiter der Veterinärämter, der Finanzämter und der Polizeidirektionen Hundehalter in insgesamt 40 Schwerpunkteinsätzen kontrolliert. Es gab 1500 Ordnungswidrigkeitsverfahren. 5500 Hunde der Rassen Pitbull, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier und Tosa Inu wurden für die grüne Unbedenklichkeitsplakette angemeldet. 4000 dieser Marken wurden bereits vergeben. «Das Klima in der Stadt hat sich verändert», glaubt der Sprecher. Am 1. Januar 2001 waren insgesamt 102 555 Hunde (nicht nur Kampfhunde) bei den Finanzämtern gemeldet - 6309 mehr als ein Jahr zuvor.
Läuft alles nach den Plänen von Senatorin Gabriele Schöttler (SPD), soll die Sofortverordnung in einem Gesetz weiter verschärft werden. Danach sollen alle Hunde außerhalb gesicherter Privatgrundstücke und Hundeauslaufgebiete an der Leine geführt werden. Pitbulls, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier und Tosa Inu dürften dann nicht mehr gehalten und gezüchtet werden.
Doch sowohl die Sofortverordnung als auch Schöttlers Gesetzentwurf sind umstritten. So beschäftigt sich am 28. Juni der Verfassungsgerichtshof Berlin mit der Verfassungsbeschwerde von 35 Berliner Hundehaltern. Auch auf dem politischen Parkett sind die Meinungen geteilt. Als heftige Kritikerin bezeichnet sich die Abgeordnete Claudia Hämmerling (B 90/Grüne). Eine Rassenliste hält sie für nicht geeignet, um die Gefährlichkeit von Hunden zu beurteilen. «Auf der genetischen Grundlage ist das nicht zu differenzieren», gerade noch zwischen Hund und Wolf könne unterschieden werden. Die Beiß-Statistik scheint für dieses Argument zu sprechen: An ihrer Spitze stehen Mischlinge, Schäferhunde und Rottweiler. Dackel tauchen schon an achter Stelle auf - Bullterrier erst auf Platz elf. «Wir haben es hier mit einem sozialen Problem zu tun», betont Hämmerling. Besitzer missbrauchten Hunde als Waffe. Hämmerling plädiert deshalb dafür, für alle Tiere, die größer sind als 40 Zentimeter Schulterhöhe und schwerer als 17 Kilogramm, eine Art Hunde-Tüv einzuführen. Dabei werden Hund und Halter gleichermaßen auf die Probe gestellt.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Roland Gewalt, spricht sich gegen einen generellen Leinenzwang aus: «Dann müsste ja auch der kleinste Pinscher an die Leine genommen werden.» Gewalt will das Gesetz auf jene vier Rassen - Pitbull, American-Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier - beschränken, die das Bundesgesetz nennt. Wann das Gesetz in Kraft treten kann, sei angesichts der Regierungskrise fraglich.
Quelle : Berliner Morgenpost online