Bericht über Hundeschule

Jordana

Folgenden Bericht - der sich zwar nicht nur mit Kampfschmusern befasst - habe ich am Sonntag abgedruckt.


Es regnet in Strömen, als sich die kleine Karawane aus Dackel, Riesenschnauzer, Setter, Hybridhund und drei bildschönen Mischlingen samt ihrer Frauchen in Bewegung setzt. Ziel: die Innenstadt. „Wir üben das, was wir im Training gelernt haben, heute gleich in der Praxis“, erklärt Reiner Reichert. Er, staatlich anerkannter Hundeführer und Leiter der Ingolstädter Hundeschule, ist der „Chef“ der Truppe. Im Grunderziehungskursus I lernt sie, wie sich Hund und Besitzer verstehen und richtig miteinander umgehen. An diesem Donnerstag bedeutet dies konkret: Der Hund muss inmitten von Autolärm und Menschengewimmel den Kommandos seines Zweibeiners gehorchen.
Insgesamt sieben Hunde sind es an diesem Tag, die in etwas mehr als einer Stunde zeigen, wie ihr Ausbildungsstand ist. Darunter zwei Neulinge – Uie-Liang Liou mit Schilly. Schilly ist ein kleiner, putziger Mischling, der mehr als zwei Jahre auf den Straßen Taiwans gelebt hat. Aus Angst, Hundefänger könnten ihn schnappen und töten, nahm Liou den Kleinen kurzerhand mit nach Deutschland. „Da Schilly immer alleine klarkommen musste, ist er sehr selbstständig und muss erst alles lernen, was mit Kommandos zu tun hat“, erklärt Uie-Liang Liou.

Nach einer kurzen Begrüßung übernimmt Reiner Reichert Schilly, der ihm willig und brav folgt. „Am ersten Tag nehme ich den neuen Hund ab und an noch selbst, danach muss der Besitzer alleine unter meiner Aufsicht mit ihm trainieren. Es hilft ja nichts, wenn ich mit dem Hund klarkomme, aber der Halter nicht.“
Das Wetter ist lausig und alles andere als animierend für einen Stadtbummel. Dennoch – alle machen ohne Murren und Knurren mit. Reichert korrigiert auch gleich die Leinenhaltung bei einigen seiner Schüler. „Wichtig beim Hundeführen ist, dass die Leine locker durchhängt und nicht zu straff sitzt. Es gibt auch die so genannte Zwangsführung, was aber den gleichen Effekt hat, wie wenn man eine Kleptomanin in einer Zwangsjacke durch ein Einkaufszentrum schickt.“ Der Hund soll freiwillig mit seinem Besitzer Schritt halten.
Kommt der Hundezug an eine Straße, so müssen sich die Vierbeiner setzen. Erst wenn am anderen Ende der Leine grünes Licht gegeben wird, darf „bei Fuß“ die Straße überquert werden. „Klar, bei dem Wetter ist das Sitzen sehr viel unangenehmer. Wenn die Sonne scheint und die Straßen und Wege etwas angewärmt sind, dann setzt sich die Gesellschaft viel lieber hin.“ Aber der Hund soll ja schließlich auch bei so einem Wetter gehorchen und nicht nur „schönwetterfolgsam“ sein .
Die Persönlichkeiten der Vierbeiner sind völlig unterschiedlich. Schilly ist anzumerken, dass ihn das ganze noch nicht so wirklich interessiert. Der Colli-Hovawart-Mischling Gismo hingegen freut sich dauernd, was dazu führt, dass er manchmal einen Beller von sich gibt und fast unablässig wedelt. Für den neun Monate alten Hybridhund Luk ist die Welt noch so furchtbar aufregend und spannend, so dass es ihm manchmal sichtlich schwerfällt, sich auf die Übungen und Befehle zu konzentrieren. Außerdem begrüßt er Menschen mit einem solchen Überschwang, dass Pfotentapser auf Mänteln und Hosen zurückbleiben. „Doch auch Luk wird lernen, auf Menschen zwar freundlich, aber nicht springend zuzugehen“, ist Reichert zuversichtlich.
So unterschiedlich die Charaktere der Hunde, so individuell muss auch das Training auf sie abgestimmt sein. „Ein Ausbildungsschema, das auf jeden Hund passt, gibt es nicht. Denn jeder Hund hat einen andere Persönlichkeit, andere Defizite, Vorlieben und Abneigungen“, meint Reichert.

Während der Tour durch Ingolstadt kann es auch einmal passieren, dass einer der Vierbeiner sein Geschäft verrichten muss. Für diesen Fall hat jeder der Besitzer eine Plastiktüte dabei. „Wir achten da-rauf, dass die Straßen nicht durch Kot verunreinigt werden, denn Rücksicht gehört zu einem guten Miteinander “, erklärt der Hundekenner.
Am Ende der Stadttour sind alle Beteiligten müde und durchnässt – haben aber wieder einmal mehr gelernt, sich im Alltag zwischen hupenden Autos und tütentragenden Menschen ordentlich zu benehmen. Wieder sind alle der so wichtigen Bindung zwischen Herr und Hund näher gekommen.
Immer noch hängen die grauen Wolken tief, als sich der zweite Grunderziehungskursus I am nächsten Nachmittag auf dem Schulungsplatz in Niederstimm trifft. Nach und nach trudeln Dolly, Zita, Trixi, Lotte, Buffy, Tacco und Radost samt ihrer Besitzer ein. „Es ist schon auffällig, dass an solchen verregneten Tagen weniger zur Schulung kommen. „Meist bleiben die Schönwetterbesitzer dann Zuhause“, meint Reichert augenzwinkernd.

Auf dem Platz stehen verschiedene Gruppenübungen auf dem Programm. Eine davon sieht so aus, dass sich die Besitzer an im Kreis verteilte Kegel stellen. Jeder Hund muss dann zwischen dieser Gruppe hindurchgeführt werden, bei dem ein oder anderen anhalten, sich setzen und ihn ohne Anspringen begrüßen. Diejenigen Vierbeiner, die nicht gerade im Parcours sind, müssen etwas abseits liegen bleiben.

Ein Paar unter den Lernwilligen erregt Aufmerksamkeit. Die zierliche Karin Dauer und ihr imposanter Dobermann Tacco aus Berching. Wer die beiden sieht, denkt unwillkürlich an David und Goliath. „Wir zwei haben bereits eine lange und unschöne Geschichte hinter uns“, erzählt Karin Dauer. Denn Tacco ist ein übersensibler, aber stürmischer Koloss. Wenn er mit seinen mehr als 60 Kilogramm an der Leine zieht, hat Karin Dauer mit ihren rund 40 Kilogramm nicht viel entgegenzusetzen. „Wir waren schon in diversen Hundeschulen. Manche wollten uns gar nicht nehmen, weil Tacco angeblich gemeingefährlich sei“, erinnert sich die Hundefreundin. Tausende von Mark steckte sie in verschiedene Ausbildungsmethoden – Fortschritte waren nicht oder kaum zu sehen. Erst in der Tierklinik erhielt sie den Tipp, sich bei Reichert zu melden. Inzwischen kommen die beiden schon sehr viel besser klar. Und für Reichert steht fest: „Sie werden bei mir zu einem guten Team.“

Ein anderer Problemfall, mit dem Reichert derzeit einzeln trainiert, ist Dalmatiner Ben. Der kräftige Rüde hat Probleme, Befehle auszuführen, Grenzen zu akzeptieren. Reichert übt mit ihm regelmäßig Kommandos wie Sitz und Platz, versucht, dem Hund die Spannung zu nehmen, Vertrauen aufzubauen.
Bei keinem seiner Schützlinge arbeitet der Hundeexperte mit Druck. „Wer bei Ben beispielweise glaubt, den krieg ich schon klein, zieht zwangsläufig den Kürzeren. Der Hund würde angreifen, die Arbeit wäre verloren.“ Geduld, Lob, eine konsequente Hand und sein Hundeverstand sind einige der Zutaten seines Erfolgsrezeptes.

„Bereits als Kind war ich ein Hundenarr“, erinnert sich der hochgewachsene, sportliche Trainer. Und die Begeisterung für Vierbeiner hat ihn bis heute nicht losgelassen, was seinem Umgang mit den Hunden anzusehen und zu spüren ist . Er und seine Freundin Manuela, die ein Diplom in Naturheilkunde für Hunde besitzt, haben selbst die Bullterrierhündin Mandy und die vier Presa Canarios Anita, Schorschi, Zita und Sarah. Eine Begegnung mit diesen fünf straft alle undifferenzierten Berichte über Molosser und so genannte Kampfhunde Lüge. Knuddeln, kraueln und spielen sind ihre Leidenschaft. Sie werden im Rudel gehalten, haben reichlich Auslauf und sind alles andere als aggresssiv.
In seinen Kursen tummeln sich derzeit 97 Hunde. Eine bunt gemischte Truppe aus verschiedenen Rassen, Mischlingen und auch den so genannten Kampfhunden. So unterschiedlich wie die Vier- sind auch die Zweibeiner. „In der Schule lernen sie, sich genau aufeinander abzustimmen.“ Am Ende der Kurse steht für die meisten die Begleithundeprüfung. Zwar bildet Reichert auch Schutzhunde, Behindertenhunde und Jagdhunde aus, doch für den alltäglichen Umgang reicht die Begleithundeausbildung. Diese wird von einem vereidigten Gutachter abgenommen und entspricht dem Wesenstest, dem sich so viele Hunderassen laut der neuen Verordnungen unterziehen müssen.
Aber Reiner Reichert möchte nicht nur Hunden und Herrchen beibringen, wie sie miteinander auskommen, sondern auch Aufklärungsarbeit leisten. So oft werde er angepöbelt, „vielleicht auch, weil ich groß bin und einen langen Pferdeschwanz trage. Das passt in das vorurteilsgeprägte Bild.“ Aus diesem Grund will er in den kommenden Wochen verschiedenen Schuldirektoren anbieten, den Kindern den richtigen Umgang mit Hunden zu zeigen. „Ich arbeite in meiner Schule da-ran, dass Menschen vor gefährliche Hunden geschützt werden, aber auch Menschen müssen wissen, wie man einem Hund richtig begegnet.“
 
  • 20. April 2024
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Hi Jordana ... hast du hier schon mal geguckt?
  • Gefällt
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Super Jordana
spin2.gif

Mehr davon!!!!!

gruß

0000007.gif
Sibse und Gipsy
 
Hi Jordana,

genau so sieht es in einer seriösen Hundeschule aus. Vielleicht sollte man eine Kopie mal an die (wie soll ich sie nur nennen?) Hundeschulen schicken, bei denen z.B. die Besitzerin des Dobis vorher war.

Liebe Grüße,
watson
 
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