Meldung vom 07.11.2000 15:34
Bei bestandenem Wesenstest keine Maulkorbpflicht
Kampfhundverordnungen der Länder sind uneinheitlich - Bundesgesetz soll Länderregelungen einheitlich ergänzen Von AP-Korrespondentin Mirjam Mohr
Frankfurt/Main (AP)
Als am 26. Juni ein sechsjähriger Hamburger Junge von einem Kampfhund totgebissen wurde, war das Maß voll. Die Wut auf zu Kampfmaschinen abgerichtete Hunde kochte über, ein unverzügliches Handeln der Politik war gefordert. Zwei Tage später kündigten Bundeskabinett und Innenministerkonferenz harte Maßnahmen an, um weitere blutige Zwischenfälle in Zukunft zu verhindern. Das Ergebnis: zahlreiche Eilverordnungen in den Bundesländern und die Ankündigung eines entsprechenden Bundesgesetzes. Dessen erste Lesung steht am Mittwoch auf der Tagesordnung des Bundestags.
Alle bereits getroffenen und noch vorgesehen Maßnahmen laufen auf ein Verbot von Kampfhunden hinaus. Der Weg dazu soll über Zucht- und Importverbote und eine Erweiterung der strafrechtlichen Möglichkeiten bei Verstößen gehen. Doch so unterschiedlich die Zahl der von den Verordnungen betroffenen Tiere ist, so differenziert ist auch die Sachlage bei Kampfhundverordnungen und -gesetzen in Bund und Ländern.
Kampfhunde unterliegen vorrangig der Zuständigkeit der Länder, da sie unter das Polizei- und Ordnungsrecht fallen. «Mit dem geplanten Bundesgesetz macht der Bund nur ergänzende Regelungen», erklärt der Pressesprecher des Bundesinnenministeriums, Dirk Inger. Der Gesetzentwurf «Bekämpfung gefährlicher Hunde» sieht folgende Maßnahmen vor: Die Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier und Staffordshire-Bullterrier sowie deren Kreuzungen dürfen nicht importiert werden. Verstöße gegen individuelle Länderbestimmungen zu Zucht und Handel mit gefährlichen Hunden sollen nicht als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftatbestand geahndet werden. Zusätzlich soll für ein Zuchtverbot gefährlicher Hunde das Tierschutzgesetz geändert werden.
Das Bundesgesetz soll Verordnungen ergänzen, die bundesweit nicht einheitlich geregelt sind. Gemeinsam ist fast allen Verordnungen, dass Haltung, Zucht und Handel verboten sind. Doch im Detail sehen die Verordnungen sehr unterschiedlich aus.
Beispiel Brandenburg: Dort trat am 1. August eine neue Hundehalterverordnung in Kraft, die nach Angaben des Innenministeriums die strengste Regelung in Deutschland ist. Seit dem 1. November ist die Haltung von Pitbull-Terriern, American Staffordshire-Terriern, Bullterriern, Staffordshire-Bullterriern und Tosa Inus verboten. Ausnahmen gelten nur für Halter, die ihren Hund vor dem 31. Juli 2000 angeschafft haben und dessen Gefährlichkeit widerlegen konnten. Sie erhielten ein so genanntes Negativ-Zeugnis und dürfen ihren Hund bis zu dessen Lebensende behalten. Allerdings besteht Leinen-, Maulkorb- und Kastrationszwang.
Beispiel Hessen: Dort sah eine Eilverordnung zunächst eine ähnliche Regelung für die Kategorie «Kampfhunde» vor. Dazu zählten American Pitbull, American Staffordshire-Terrier und Staffordshire-Bullterrier. Doch der hessische Verwaltungsgerichtshof entschied am 11. September, dass Kastratations- und Maulkorbpflicht sowie eine Kennzeichnung der Tiere mit einem Chip aufgehoben werden müssen, wenn die Tiere auf Grund eines Wesenstests als nicht aggressiv eingestuft werden. Die ursprüngliche Verordnung hatte diese Regelung nur für zwölf weitere Rassen vorgesehen, die als «Hunderassen mit widerlegbarer Gefährlichkeit» kategorisiert wurden.
Neues Bewusstsein im Umgang mit Hunden
Dennoch sieht Hessen die Verordnung, der auch ein Gesetz folgen soll, als erfolgreich an. «Es ist ein ganz anderes Bewusstsein im Umgang mit Hunden entstanden», sagt Michael Bußer, Sprecher des Innenministeriums. Da die Hunde nach der Verordnung fristgerecht angemeldet und einem Test unterzogen werden mussten, «wissen wir jetzt, wie viele Hunde es von den Rassen gibt. So können wir sehen, ob sie gefährlich sind und notfalls eingreifen.»
Inwieweit eine bundeseinheitliche Regelung möglich ist, bleibt vorerst offen. Im September scheiterte ein Versuch der Innenminister, Vorschläge zur Vereinheitlichung der Gesetzgebung auszuarbeiten, am Einstimmigkeitsprinzip. Umstritten war die generelle Einstufung bestimmter Rassen als Kampfhunde. Aber auch die geplante Regelung der Bundesregierung geht den Ländern nicht weit genug. Am 20. Oktober forderte der Bundesrat eine Verschärfung des geplanten Einfuhrverbots. Die Läderkammer will die Liste um den Bullterrier und alle nach Landesrecht als gefährlich eingestuften Hunde erweitert wissen.
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Meldung vom 07.11.2000 21:00
Bundestag berät über Entwurf für Kampfhundegesetz - Nachtvorschau
Berlin (AP)
Der Bundestag will auf seiner Sitzung am (morgigen) Mittwoch (13.00 Uhr) über den Regierungsentwurf für ein Kampfhundegesetz beraten. Das Bundesgesetz soll die Verordnungen der einzelnen Länder ergänzen. Das Gesetz sieht ein absolutes Einfuhrverbot für die als besonders gefährlich geltenden Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier sowie Staffordshire-Bullterrier vor. Weiterhin muss für den Import anderer gefährlicher Hunderassen sowie für deren Zucht und Handel eine Genehmigung entsprechend den Ländervorschriften eingeholt werden. Verstöße werden unter Strafe gestellt. In das Tierschutzgesetz wird ein Zuchtverbot für Hunde aufgenommen, die erblich bedingt als besonders aggressiv gelten. Die Liberalen warten mit einem eigenen Antrag zum Schutz vor Kampfhunden auf. Weiterhin wollen die Parlamentarier in einer Aktuellen Stunde einen PDS-Antrag zur Nettolohnapassung im kommenden Jahr beraten.
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[Dieser Beitrag wurde von merlin am 08. November 2000 editiert.]
Bei bestandenem Wesenstest keine Maulkorbpflicht
Kampfhundverordnungen der Länder sind uneinheitlich - Bundesgesetz soll Länderregelungen einheitlich ergänzen Von AP-Korrespondentin Mirjam Mohr
Frankfurt/Main (AP)
Als am 26. Juni ein sechsjähriger Hamburger Junge von einem Kampfhund totgebissen wurde, war das Maß voll. Die Wut auf zu Kampfmaschinen abgerichtete Hunde kochte über, ein unverzügliches Handeln der Politik war gefordert. Zwei Tage später kündigten Bundeskabinett und Innenministerkonferenz harte Maßnahmen an, um weitere blutige Zwischenfälle in Zukunft zu verhindern. Das Ergebnis: zahlreiche Eilverordnungen in den Bundesländern und die Ankündigung eines entsprechenden Bundesgesetzes. Dessen erste Lesung steht am Mittwoch auf der Tagesordnung des Bundestags.
Alle bereits getroffenen und noch vorgesehen Maßnahmen laufen auf ein Verbot von Kampfhunden hinaus. Der Weg dazu soll über Zucht- und Importverbote und eine Erweiterung der strafrechtlichen Möglichkeiten bei Verstößen gehen. Doch so unterschiedlich die Zahl der von den Verordnungen betroffenen Tiere ist, so differenziert ist auch die Sachlage bei Kampfhundverordnungen und -gesetzen in Bund und Ländern.
Kampfhunde unterliegen vorrangig der Zuständigkeit der Länder, da sie unter das Polizei- und Ordnungsrecht fallen. «Mit dem geplanten Bundesgesetz macht der Bund nur ergänzende Regelungen», erklärt der Pressesprecher des Bundesinnenministeriums, Dirk Inger. Der Gesetzentwurf «Bekämpfung gefährlicher Hunde» sieht folgende Maßnahmen vor: Die Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier und Staffordshire-Bullterrier sowie deren Kreuzungen dürfen nicht importiert werden. Verstöße gegen individuelle Länderbestimmungen zu Zucht und Handel mit gefährlichen Hunden sollen nicht als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftatbestand geahndet werden. Zusätzlich soll für ein Zuchtverbot gefährlicher Hunde das Tierschutzgesetz geändert werden.
Das Bundesgesetz soll Verordnungen ergänzen, die bundesweit nicht einheitlich geregelt sind. Gemeinsam ist fast allen Verordnungen, dass Haltung, Zucht und Handel verboten sind. Doch im Detail sehen die Verordnungen sehr unterschiedlich aus.
Beispiel Brandenburg: Dort trat am 1. August eine neue Hundehalterverordnung in Kraft, die nach Angaben des Innenministeriums die strengste Regelung in Deutschland ist. Seit dem 1. November ist die Haltung von Pitbull-Terriern, American Staffordshire-Terriern, Bullterriern, Staffordshire-Bullterriern und Tosa Inus verboten. Ausnahmen gelten nur für Halter, die ihren Hund vor dem 31. Juli 2000 angeschafft haben und dessen Gefährlichkeit widerlegen konnten. Sie erhielten ein so genanntes Negativ-Zeugnis und dürfen ihren Hund bis zu dessen Lebensende behalten. Allerdings besteht Leinen-, Maulkorb- und Kastrationszwang.
Beispiel Hessen: Dort sah eine Eilverordnung zunächst eine ähnliche Regelung für die Kategorie «Kampfhunde» vor. Dazu zählten American Pitbull, American Staffordshire-Terrier und Staffordshire-Bullterrier. Doch der hessische Verwaltungsgerichtshof entschied am 11. September, dass Kastratations- und Maulkorbpflicht sowie eine Kennzeichnung der Tiere mit einem Chip aufgehoben werden müssen, wenn die Tiere auf Grund eines Wesenstests als nicht aggressiv eingestuft werden. Die ursprüngliche Verordnung hatte diese Regelung nur für zwölf weitere Rassen vorgesehen, die als «Hunderassen mit widerlegbarer Gefährlichkeit» kategorisiert wurden.
Neues Bewusstsein im Umgang mit Hunden
Dennoch sieht Hessen die Verordnung, der auch ein Gesetz folgen soll, als erfolgreich an. «Es ist ein ganz anderes Bewusstsein im Umgang mit Hunden entstanden», sagt Michael Bußer, Sprecher des Innenministeriums. Da die Hunde nach der Verordnung fristgerecht angemeldet und einem Test unterzogen werden mussten, «wissen wir jetzt, wie viele Hunde es von den Rassen gibt. So können wir sehen, ob sie gefährlich sind und notfalls eingreifen.»
Inwieweit eine bundeseinheitliche Regelung möglich ist, bleibt vorerst offen. Im September scheiterte ein Versuch der Innenminister, Vorschläge zur Vereinheitlichung der Gesetzgebung auszuarbeiten, am Einstimmigkeitsprinzip. Umstritten war die generelle Einstufung bestimmter Rassen als Kampfhunde. Aber auch die geplante Regelung der Bundesregierung geht den Ländern nicht weit genug. Am 20. Oktober forderte der Bundesrat eine Verschärfung des geplanten Einfuhrverbots. Die Läderkammer will die Liste um den Bullterrier und alle nach Landesrecht als gefährlich eingestuften Hunde erweitert wissen.
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Meldung vom 07.11.2000 21:00
Bundestag berät über Entwurf für Kampfhundegesetz - Nachtvorschau
Berlin (AP)
Der Bundestag will auf seiner Sitzung am (morgigen) Mittwoch (13.00 Uhr) über den Regierungsentwurf für ein Kampfhundegesetz beraten. Das Bundesgesetz soll die Verordnungen der einzelnen Länder ergänzen. Das Gesetz sieht ein absolutes Einfuhrverbot für die als besonders gefährlich geltenden Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier sowie Staffordshire-Bullterrier vor. Weiterhin muss für den Import anderer gefährlicher Hunderassen sowie für deren Zucht und Handel eine Genehmigung entsprechend den Ländervorschriften eingeholt werden. Verstöße werden unter Strafe gestellt. In das Tierschutzgesetz wird ein Zuchtverbot für Hunde aufgenommen, die erblich bedingt als besonders aggressiv gelten. Die Liberalen warten mit einem eigenen Antrag zum Schutz vor Kampfhunden auf. Weiterhin wollen die Parlamentarier in einer Aktuellen Stunde einen PDS-Antrag zur Nettolohnapassung im kommenden Jahr beraten.
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[Dieser Beitrag wurde von merlin am 08. November 2000 editiert.]