Gar kein Fleisch zu essen, dürfte genauso entfremden wie nur abgepacktes, gesichtsloses, anonymes Fleisch zu essen.
Wovon genau entfremdet es mich, wenn ich kein Fleisch esse?
Zum einen von der (Ess-)kultur Deiner Heimat, aber ich denke das ist (ganz unabhängig von Massentierhaltung!!!) von vielen "Das arme Bambi"- Leuten ja auch gewollt. Damit auch von der Gesellschaft. Von DEINER artgerechten Haltung.
Und letztendlich entfremdet es eben, wie Arrabiata es ausdrückte, von einem unverkrampften Umgang mit der Nahrung die uns in Deutschland
natürlicherweise zur Verfügung steht.
Meiner Meinung nach, beschäftigen sich Leute die sowieso kein Fleisch essen aber auch nicht mehr mit unserem heimischen "essbaren" Wild. Oder damit wo ihre Veggie- Lebensmittel herkommen und ob sie überhaupt wertvoll sind. Pflanzlich ist das Gewissen erstmal rein. Also quasi genauso wie bei denen die im Supermarkt kaufen.
Entschuldige, aber das finde ich einigermaßen weit hergeholt. Zu der Esskultur meiner Heimat gehören eine ganze Reihe fleischloser Gerichte. Und da ich ein Kind der Nachkriegszeit bin, noch dazu aus einer Arbeiterfamilie, bin ich überwiegend mit solchen aufgewachsen. Fleisch gab's bei uns eher sonntags. Wenn ich diese eine Komponente jetzt weglasse, entfremde ich mich? Sag, dass das nicht dein Ernst ist.
Und damit auch von der Gesellschaft? DAS kann jetzt wirklich nicht dein Ernst sein. Wer nicht alles mitmacht und alles schluckt, was gängig und üblich ist, wird zum entfremdeten Außenseiter? So konformistisch denkst du doch nicht wirklich!
Aber um die Behauptung mal ernst zu nehmen:
Was ist dann mit Leuten, die zwar Fleisch und Wurst, aber dafür manche andere Dinge nicht essen, die zu den heimatlichen Ernährungs"standards" gehören?
Ich kenne Leute, die essen keine Zwiebeln, oder keine Gurken, keine Tomaten, keine roten Bete, oder trinken keine Milch, um nur mal das zu nennen, was mir spontan einfällt. Alles entfremdete Außenseiter?
Und wenn ich z.B. mediterran oder asiatisch koche anstatt bodenständig "heimatllich", bin ich dann auch von der Esskultur meiner Heimat entfremdet? Wenn ja, mehr oder weniger als beim Verzicht auf Fleisch?
Artgerechte Ernährung? Ich habe weder ein Fleischfressergebiss noch einen Fleischfresserdarm. Ebenso geht es m.W. allen Menschen. Der Mensch kann als Allesfresser Fleisch essen, er muss es nicht. Er kann sich gut fleischlos ernähren. Insbesondere wenn er, wie wir hier, keinen Mangel an allen übrigen Nahrungsmitteln leidet und aus dem Vollen schöpfen kann. Und das weißt du auch.
Auf Arrabiatas Beitrag zum unverkrampften Umgang mit potenzieller Nahrung bis hin zu Hund und Katze einzugehen, erspare ich mir. Ich denke, so unverkrampft ist in Wirklichkeit niemand hier, nicht mal die Kreuzzügler gegen den Vegetarismus.
Aber auch wenn wir und dabei auf Wild beschränken, bin ich wohl von Haus aus entfremdet, denn von Kindesbeinen an, auch als ich noch Fleisch, und gerne auch Wild, gegessen habe, war meine natürliche Reaktion auf den Anblick von Wildtieren nie im geringsten mit Nahrung assoziiert.
Ein Tier ist für mich zunächst mal ein Lebewesen und keine potenzielle Nahrung. Und müsste ich es selbst töten, also vom Lebewesen zum Fleisch machen, hätte ich im Leben keinen Bissen Fleisch gegessen. So "unverkrampft" war ich nie, dass ich das gekonnt hätte.
Und könnte man da nicht sogar sagen, dass es mir dann gar nicht zusteht, Fleisch zu essen, wenn ich es nur kann, weil andere die Dreckarbeit für mich machen?
Zu deinem letzten Abschnitt, dass sich Leute, die kein Fleisch essen, deiner Meinung nach weniger Gedanken über die Herkunft ihrer Lebensmittel machen - wie du schon sagst: deine Meinung halt. Ich finde es umgekehrt wahrscheinlicher. Weil bei den meisten Leuten der Entscheidung gegen Fleisch eben eine gedankliche Auseinandersetzung mit ihrer Ernährung ja zu Grunde liegt, würde ich eher vermuten, dass diese Leute sich mehr, und nicht weniger mit dem Thema befassen als der durchschnittliche Supermarktfleischkäufer.