Der Pitbull, der keiner war…
Mal ehrlich, es hört sich auch wesentlich spektakulärer an: „Tollwütiger Pitbull beisst drei Kinder“. Bildlich gesprochen eben. In einer grossen spanischen Tageszeitung (ABC) erschien am 2. Juni mit grossen Lettern:
Pitbull beisst Kinder in Toledo
So traurig es ist, es wurden drei Kinder gebissen, die dann auch im Krankenhaus behandelt werden mussten. Es geht ihnen inzwischen wieder gut.
Dann am 5. Juni 2013:
Der Hund, der die Kinder in Toledo angefallen hat hatte Tollwut
Im Grossen und Ganzen wird nun behauptet, dass der Pitbull wahrscheinlich illegal aus Marokko eingereist ist, wo es im Gegensatz zu Spanien noch Tollwutgebiete gibt.
Die Kinder, im Alter von 2, 4 und 12 Jahren wurden gegen Tollwut geimpft und die Bevölkerung, die möglicherweise in Kontakt mit dem Tier gekommen war, wurde aufgerufen, sich beim Amtsarzt zu melden.
Der Hund wurde nach längerer Suche gefunden und getötet. Bei der Autopsie wurde Tollwut diagnostiziert. Anhand des Mikrochips wurde der Besitzer gefunden und verhaftet.
Soweit die Presse. Und dann eine winzige Meldung bei Twitter:
Manipulierte Information im Fall des tollwütigen Hundes, der drei Menschen in Toledo verletzt hat... eine Schande.
Der Pitbull, der drei Kinder gebissen hat…. War gar kein Pitbull UND er war geimpft!
Der „Pitbull“, der auch in Spanien zu den diskriminierten Rassen gehört, war ein Mischling aus Galgo und Labrador, was aus dem Bericht des zuständigen Amtstierarztes hervorgeht. Und der Besitzer, der seinen Hund kurz vor der Einreise nach Marokko hatte impfen lassen, war nicht verantwortungslos, sondern wusste nicht, dass die Wirkung der Impfung noch nicht eingesetzt hatte. Er handelte den geltenden Gesetzen gemäss.
Den grösseren Fehler begingen die Behörden, die den noch nicht immunisierten Hund hatten ins Ausland reisen lassen. Bei der Wiedereinreise, vier Monate später, wurden sämtliche Wiedereinreisebestimmungen, wie die Kontrolle von Hundeimpfpass etc., von eben diesen Behörden ignoriert.
Die Details zum Fall sind auf der Website der World Organisation for Animal Health nachzulesen.
Grundsätzlich ist dazu folgendes zu sagen: dieser Fall wäre nicht passiert, wenn die Mitarbeiter des Zolls ihre Arbeit richtig gemacht hätten. Und von tierärztlicher Seite über das Eintreten der Wirkung einer Tollwutimpfungen informiert worden wäre.
Und es ist beschämend, dass das Image einer sowieso schon mit schweren Vorteilen belasteten Rasse von der Presse noch mit Schlagzeilen, wie „Tollwütiger Pitbull fällt drei Kinder an“, weiter kaputt gemacht würde. Falschmeldungen: um die Auflage zu steigern und Öl ins Feuer zu giessen. Ein Tollwutfall ist schlimm genug, egal welches Tier ihn verursacht.
Bleibt noch die Frage: Sind die beiden denn wirklich so schwer zu unterscheiden?
Anja Balland, Playa P. Farnals, 20. Juni 2013