2. Ein Beitrag von Frau Dr. Fedderssen-Peterssen von einem Hermesleser zugesandt zur

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... wurde gelöscht.
Termin: Dienstag, 28.08.2001, 10.15 Uhr, Raum 300


wird beabsichtigt, in der Verhandlung am 28.08.2001 folgende Anträge zu stellen:


Für die Antragsteller zu 1. (Günter Stück – American Staffordshire Terrier), 8. (Horst Schuchhardt - Mastiff), 10. (Reiner Neimke – Mastino Napoletano), 12. Frank Eymer – American Staffordshire Terrier) und 17. (Wilfried Wiegand – American Staffordshire Terrier) wird im Wege einer Feststellungsklage beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass die Gefahrenabwehrverordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (Kampfhunde-VO) vom 05.07.2000 (Hess. GVBl. I, S. 355 f.) nichtig bzw. rechtswidrig war.
2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Hinsichtlich der Ausführungen zum besonderen Feststellungsinteresse wird auf die ausführlichen Ausführungen im Schriftsatz vom 27.08.2000 verwiesen.


Im übrigen wird für alle Antragsteller beantragt:

1. Die Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von gefährlichen Hunden (Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde) vom 15.08.2000 (Hess GVBl. I, S. 422 ff.) wird hinsichtlich folgender Regelungen für nichtig erklärt:

· § 2 Abs. 1 Satz 1 soweit der Begriff „rassespezifisch“ verwendet wird.
· § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 (unwiderleglich vermutet gefährliche Hunde) sowie Ziffer 2 (widerleglich gefährlich vermutet gefährliche Hunde).
· § 3 Abs. 3 Satz 2 soweit das Bestehen der Jägerprüfung als Sachkundenachweis genügt.
· § 4 Abs. . 1 Ziffer 1 (Persönliche Zuverlässigkeit) soweit Straftaten gegen das Eigentum oder Vermögen aufgenommen sind, die nicht in Zusammenhang mit Gewaltanwendung stehen.
· § 4 Abs. 3 (Vorlage zur Pflicht eines Führungszeugnisses).
· § 6 Abs. 1 Satz 1 (Leinenzwang) soweit auf das befriedete Besitztum der Hundehalterin oder des Hundehalters abgestellt wird und Leinenzwang auch nach bestandenem Wesenstest gilt.
· § 6 Abs. 3 Satz 1 (Maulkorb-/Beißschutzzwang) soweit auf die Wohnung oder das Besitztum abgestellt wird, keine Befreiungsmöglichkeit (Althunde, medizinische Indikation) eingeräumt wird und Maulkorbzwang auch nach einem bestandenem Wesenstest fortbesteht.
· § 6 Abs. 5 Satz 1 (Befreiung Maulkorb/Leine), soweit Diensthunde von Privaten nicht gleichgestellt werden.
· § 7 Abs. 2 (Kennzeichnungspflicht mit Warnschild)
· § 9 (Kennzeichnungspflicht des Hundes mit Chip)
· § 10 Satz 1 (Unfruchtbarmachung aller Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1)
· § 12 Satz 1 (Handels-, Erwerbs- Abgabeverbot gefährlicher Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1).
· § 14 Abs. 1 (Erlaubnisvoraussetzungen für Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1) hinsichtlich:
· Ziffer 1 (Besonderes Haltungsinteresse) i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3.
· Ziffer 5 (Abschluss einer Haftpflichtversicherung)
· Ziffer 6 (Entrichtung der Hundesteuer)
· Ziffer 9 (Kennzeichnung mittels Chip)
· Nr. 10 (Nachweis Unfruchtbarmachung)
· § 14 Abs. 2 (Erlaubnisvoraussetzungen für Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2) hinsichtlich:
· Ziffer 5 (Abschluss einer Haftpflichtversicherung)
· Ziffer 6 (Entrichtung der Hundesteuer)
· Ziffer 9 (Kennzeichnung mittels Chip)
· Satz 2, 4 (Besonderes Haltungsinteresse).

1. Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von gefährlichen Hunden (Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde) vom 15.08.2000 (Hess GVBl. I, S. 422 ff.) hinsichtlich der unter Antrag zu 1. genannten Regelungen rechtswidrig ist.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten zu tragen.


Soweit bekannt, haben sämtliche Antragsteller die jeweils geltenden Bestimmungen der VO erfüllt und sind in Besitz einer gültigen Halteerlaubnis für ihre jeweiligen geschätzten Hunde.

In Ergänzung der bisherigen umfangreichen Ausführungen wird folgendes vorgetragen bzw. zusammengefasst:


I.

Die Nichtigkeit des § 2 Abs. 1 Satz 1 VO soweit der Begriff „rassespezifisch“ verwendet wird, sowie des § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 (unwiderleglich vermutet gefährliche Hunde) sowie Ziffer 2 (widerleglich gefährlich vermutet gefährliche Hunde), ergibt sich zuletzt aus der sorgfältig begründeten Entscheidung des OVG Schleswig-Holstein vom 29.05.2001 – 4 K 8/00.

Hinsichtlich der fachwissenschaftlichen (kynologischen, ethologischen, zoologischen, genetischen) Stellungnahmen werden zur Stützung des vorgenannten Urteils sowie des bisherigen Vortrags in der Anlage noch folgende beachtenswerte Unterlagen beigefügt:

· Landestierärztekammer Hessen: Anmerkungen des Arbeitskreises „Gefährliche Hunde vom 14.11.2000 – Anlage 1.
· Landestierärztekammer Hessen: Stellungnahme der Landestierärztekammer Hessen zum Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Abwehr der von gefährlichen Hunden ausgehenden Gefahren (HundeG) vom 14.11.2000 – Anlage 2.
· Landestierärztekammer Hamburg: Offener Brief an Senatorin Karin Roth - Rassenkataloge sind nicht haltbar – Anlage 3.
· Bundesverband Praktischer Tierärzte: Resolution der Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Praktischer Tierärzte e.V. zur Gefahrenprävention bei Hunden vom 13.10.2000 – Anlage 4.
· Presseinfo des Bundesverband Praktischer Tierärzte e.V. vom 13.10.2000: Schutz vor gefährlichen Hunden, ja! Pauschale Diskriminierung von Mensch und Tier, nein! – Tierärzte fordern realistische Gefahrenprävention – Anlage 5.
· Presseinfo des Bundesverbandes Praktischer Tierärzte e.V. vom 04.05.2000: Gefährliche Hunde – Anlage 6.
· Professor Dr. Irene Stur: Kampfhunde – Gibt´s die wirklich ? – Anlage 7

Anlagen 1 - 7

Diesbezüglich werden als Sachverständige benannt:
· Frau Dr. med. vet. Schöning, Präsidentin der LTK Hamburg, Lagerstr. 36, 20357 Hamburg.
· Frau Dr. med. vet. Heidi Bernauer Münz, 1. Vors. Der Gesellschaft für Tierverhaltenstherapie, Blankenfeld 29, 35578 Wetzlar.
· Frau Prof. Dr. Irene Stur, bereits benannt.

1.

Die vom Antragsgegner vorgenommene Differenzierung stellt einen sachlich nicht zu rechtfertigenden Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) dar. Dieser ist in dreierlei Hinsicht tangiert und verletzt:

1. Willkürliche Binnendifferenzierung auf der Tatbestandsseite zwischen Hunden der Kategorien § 2 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 (unwiderleglich gefährlich) und Ziffer 2 (widerleglich gefährlich).

2. Willkürliche Außendifferenzierung auf der Tatbestandsseite zwischen Hunden der Kategorie § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffern 1 und 2 einerseits (Listenhunde) und nicht gelisteten Hunderassen, die von Größe, Gewicht, Muskulatur, Fangform und Verwendungszweck (Wach-/Schutzhunde, Jagdhunde mit Raubzeugschärfe) vergleichbar sind.

Da es um Gefahrenabwehr geht und das potentielle abstrakte Risiko der gelisteten Hunde mit dem nicht gelisteter Hunde vergleichbar ist, besteht eine strikte Verpflichtung, gleiche Sachverhalte gleich zu regeln, d.h. die Hunde mit vergleichbarem Gefahrenpotential in einen Rassenkatalog aufzunehmen. Eine andere Beurteilung wäre rechtsfehlerhaft und willkürlich (VGH Mannheim vom 18.08.1992 - 1 S 2550/91 - in NVwZ 1992, S. 1105, 1107 = VBlBW 1993, S. 99, mit zust. Anm. Hamann in NVwZ 1993, S. 250; OVG Bremen vom 06.10.1992 - 1 N 1/92 - in DÖV 1993, S. 576; OVG Saarlouis vom 01.02.1993 - 3 N 3/93 - in Amtlichen Sammlung der OVG Rheinland Pfalz und Saarland, Bd. 24, S. 412 - 426 sowie Juris; VGH Mannheim vom 26.04.1999 - 1 S 2214/98 - in NVwZ 1999, S. 1016 = Unser Rassehund 1999, S. 5 ff; VGH Kassel vom 08.09.00 - 11 NG 2500/00 – in NVwZ 2000, 1438; OVG Bremen vom 26.09.00 - 1 B 291/00 – in NVwZ 2000, 1435; VG Frankfurt Oder vom 09.10.2000 - 1 L 781/00 -; OVG Schleswig-Holstein vom 29.05.2001 – 4 K 8/00 -, Felix/Hoffmann, NordÖR 2000, 345).

3. Willkürliche und nach der eigenen Intention sachwidrige Differenzierung auf der Rechtsfolgenseite und hinsichtlich der Darlegungslast: Trotz Vorliegens eines positiven Wesenstests für den individuellen Hund und dessen bisheriger Unauffälligkeit sowie persönlicher Zuverlässigkeit und Sachkunde des konkreten Halters werden sowohl Hund als auch Halter verschieden behandelt, wobei auch hier eine willkürliche Binnen- (Listenhunde Kategorie Ziff. 1 und Ziff. 2) und Außendifferenzierung (Listenhunde nach § 2 Abs. 1 VO und Nichtlistenhunde, die aber ggf. negativ bereits aufgefallen sind) stattfindet. Dabei ist die Intensität der Eingriffe bei Hunden nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 - und abgeschwächt Ziff. 2 VO - so hoch, dass dies Einflüsse auf den, d.h. einen strengeren, Prüfungsmaßstab haben muss (OVG Schleswig-Holstein vom 29.05.2000 – 4 K 8/00:(

· Unwiderleglich gefährliche Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1 VO:
§ 12 – Abgabeverbot, § 10 – Unfruchtbarmachung, § 9 Kennzeichnung des Hundes, § 6 Abs. 3 – Maulkorbzwang, § 6 Abs. 1 – Leinenzwang, § 7 – Kennzeichnung der Wohnung: Alle vorgenannten Maßnahmen ohne jede Möglichkeit der Aufhebung oder Widerlegung.

Dies ist generell (so OVG Schleswig Holstein vom 29.05.2001 – 4 K 8/00 – unter III. der Gründe), zumindest aber hinsichtlich Maulkorbzwang (§ 6 Abs. 3) und Unfruchtbarmachung (§ 10) eine unverhältnismäßige bzw. übermäßige Regelung im Falle eines bestandenen Wesenstests (OVG Lüneburg vom 30.05.2001 – 11 K 2877/00-, Caspar, DVBl 2000, 1588; für einstweiligen Rechtsschutz auch: VGH Kassel vom 08.09.2000 – 11 NG 2500/00 – NVwZ 2000, 1439; OVG Bremen vom 21.09.2000 – 1 B 291/00 – NVwZ 2000, 1436).

· Widerleglich gefährliche Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 2 VO:
§ 9 – Kennzeichnung des Hundes, § 8 Abs. 2 - Ausbildung bleiben zwingend bestehen; .
Führungseinschränkungen (§ 5) Maulkorb- (§ 6 Abs. 1), Leinenzwang (§ 6 Abs. 3) und Kennzeichnung der Wohnung (§ 7) sind bei bestandenem Wesenstest aufgehoben, da es sich nicht mehr um einen „gefährlichen Hund“ i.S.d. VO handelt.

· Zwischen tatsächlich gefährlichen (nicht gelisteten) Hunden nach § 2 Abs. 2 VO und Listenhunden:(
Keine zwingende Kennzeichnung des Hundes (§§ 9, 14 Abs. 3 Satz 2 VO); kein zwingender Nachweis der Zuverlässigkeit durch den Halter, d.h. andere Beweislastverteilung (§ 14 Abs. 3 Satz 1); kein zwingender Wesenstest (§ 14 Abs. 3 Satz 3), kein zwingender Sachkundenachweis durch den Halter (§ 14 Abs. 3 VO); kein genereller Maulkorbzwang, sondern nur auf Anordnung (§ 6 Abs. 3 VO), keine Unfruchtbarmachung (§ 10 VO), kein Abgabeverbot (§ 12 VO).

Ein schlüssiges, nachvollziehbares und selbstbindendes (Regelung-)Konzept hat der Antragsgegner zu keiner Zeit gehabt, nicht aufzeigen und auch nicht durchhalten können. Dies ergibt sich unter anderem aus folgendem:

· Willkürliche Änderung der Gefährdungsbeurteilung verschiedener Rassen von der KampfhundeVO vom 05.07.2000 (16 unwiderleglich gefährlich vermutete Kampfhunde) binnen eines Monats zur GefahrenabwehrVO gefährliche Hunde vom 15.08.2000 (3 unwiderleglich gefährliche Rassen und 12 widerleglich gefährliche Rassen).

· Ein-/Umstufung des Tosa Inu (unwiderleglich gefährlich aufgrund § 1 Ziff. 16 KampfhundeVO vom 05.07.2000 sowie § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 d des unterzeichneten Entwurfs der GefahrenabwehrVO vom 11.08.00 bis zum 14.08.2000, dann plötzlich wieder widerleglich gefährlich gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 l GefahrenabwehrVO vom 15.08.2000).

· Völlig verfehlte Berufung auf das sog. Qualzuchtgutachten zu § 11 b TierschG, welches von einigen problematischen Zuchtlinien bei Bullterriern, American Staffordshire Terriern und Pit Bull Terriern spricht. Ungeachtet der wissenschaftlichen Mängel dieses Gutachtens (vgl. Schriftsatz vom 11.11.2000), stuft der Antragsgegner den dort nicht genannten Staffordshire Bullterrier als unwiderleglich gefährlichen Kampfhund ein (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 c) und den Bullterrier als widerleglich gefährlichen Hund (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 2 c).

Hier fragt sich im übrigen, ob überhaupt evaluiert wurde, ob es nicht auch innerhalb anderer Rassen einzelne problematische Zuchtlinien gibt. Wie das OVG Schleswig Holstein (vom 29.05.2001 – 4 K 8/00-) überzeugend und detailliert herausgearbeitet hat, kommt der Aussagekraft der dieser Abhandlungen auch nur ein „allenfalls sehr eingeschränkter repräsentativer Aussagewert“ zu.

· Kein Beleg durch aussagekräftige Statistiken: Ungeachtet der bereits dargestellten Bedenken gegen die vom Antragsgegner für Hessen ermittelten Zahlen (keine Ursachenangaben, Erfassungsfehler) lässt sich jedenfalls selbst danach die Einstufung von Tosa Inu, Mastin Espanol, Fila Brasileiro, Bordeaux Dogge, Bullmastiff, American Bulldog und Staffordshire Bullterrier nicht rechtfertigen, da diese Hunde in gar keine oder verschwindend gering in Vorfälle (was immer das heißen mag) involviert waren und eine Durchfallquote im Wesenstest unter 3 % haben.

Der Antragsgegner wird diesbezüglich aufgefordert, zu erklären, wie viele Hunde in der von ihm vorgelegten Auswertung einen Zweittest absolviert haben, mit welchem Ergebnis und ob diese Ergebnisse Eingang in seine Auswertung gefunden haben. Er möge weiter seine Erkenntnisse dazu vorlegen, in welcher Situation es zu Vorkommnissen mit Hunden gekommen ist (Anlaß, Auslöser etc.)

Der Unterzeichner hat sich am 14.07.2001 unter Beifügung der vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 28.06.2001 überreichten Auswertungen an die Landestierärztekammer Hessen mit der Bitte um Beantwortung der folgenden Fragen gewandt:
1. Lässt nach Auffassung der LTK Hessen eine durchschnittliche Durchfallquote im Wesenstest (allein unter sog. gefährlichen Hunden) von 6,72 % den Schluss zu, dass diese Rassen gefährlicher sind als andere (nicht wesensgeprüfte Rassen) ?
2. Lässt sich überhaupt verlässlich aus den Durchfallquoten folgern, dass eine Hunderasse gefährlicher sei als andere ? Falls ja: Ab welchem Prozentsatz von nicht bestandenen Wesenstests ließe sich eine solche Annahme rechtfertigen ?
Mit Schreiben vom 23.07.2001 wurde ihm die Antwort „Nein“ auf beide Fragen übermittelt und als sachverständige Ansprechpartnerin Frau Dr. Schöning, Präsidentin der LTK Hamburg, Lagerstr. 36, 20357 Hamburg benannt.

Beweis: Zeugnis des Herrn Prof. Dr. Alexander Herzog, Präsident der LTK Hessen,
PF 1409, 65524 Niedernhausen.

Aus diesen Gründen kann die wechselhafte und unsachliche Differenzierung, für die der Antragsgegner im Nachhinein krampfhaft nach einer Rechtfertigung sucht, keinen rechtlichen Bestand haben. Kynologisch hatte sie ihn ohnehin nie.

2.

Die Einbeziehung von Kreuzungen ist mit dem Bestimmtheitsgebot aus mehreren Gründen unvereinbar (Karst in NVwZ 1999, 245:(

· Die Bestimmung der Rassen ist auch einem Sachverständigen mit allen zur Zeit möglichen Methoden unmöglich, wenn er nicht die Vorfahren des Mischlings kennt und begutachten kann, was regelmäßig nie der Fall ist. Dies ist einhellige Auffassung aller fachkundigen Experten (z.B. Prof. Dr. Distel, Prof. Dr. Stur) und wird durch die bereits vorgelegten Stellungnahmen ohne Zweifel belegt. Eine genetische Zuordnung ist unmöglich.

· Anhand rein äußerer bzw. phänotypischer Merkmale (z.B. Farbe, rosa Schnauze) ist eine Bestimmung ebenfalls nicht möglich, da auch nicht gelistete Hunde über diese Merkmale verfügen (Boxer z.B. haben häufig die selben phänotypischen Merkmale, hatten sie doch bis zur Begründung eines eigenen Rassestandards 1896 die gleichen Vorfahren). Folglich gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass Unmögliches von niemandem verlangt werden kann.

· Für den normunterworfenen Bürger ist weder die Abstammung des Hundes feststellbar noch Grad oder zurückliegende Zeit der Vermischung mit vermeintlich gefährlichen Hunderassen. Dem Wortlaut nach ist jegliche Mischung gleich welchen Grades unabhängig von Erkennbarkeit/Feststellbarkeit noch Aggressionshabitus erfasst.

3.

Im übrigen ist die Anknüpfung an den Hund an sich bzw. Rassezugehörigkeit ungeeignet, was alle fachlichen Stellungnahmen bestätigen. Es gibt keine gefährlichen Hunderassen an sich, sondern allein gefährliche Hundeindividuen – und zufügen muss man wohl Menschenindividuen.
Der Hund wird durch den Menschen bestimmt, sei es als Züchter oder Halter, und ist quasi dessen Produkt. Eine menschlich gesteuerte unbiologische Zuchtauslese oder eine Defektzucht den Hunden selbst zuzuschreiben, hieße Ursache und Wirkung auf den Kopf zu stellen. Dort allein ist deshalb der Ansatzpunkt für eine effektive Gefahrenabwehr zu suchen (vgl. VGH Kassel vom 08.09.2000 – 11 NG 2500/00 – NVwZ 2000, 1439; OVG Bremen vom 21.09.2000 – 1 B 291/00 – NVwZ 2000, 1438; VGH Mannheim vom 23.11.1998 – 14 S 2844/98 – NVwZ 1999, 1017).

II.

Die Nichtigkeit des § 3 Abs. 3 Satz 2, soweit das Bestehen der Jägerprüfung als Sachkundenachweis genügt, ergibt sich aus einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Die Sachkundeprüfung beschränkt sich ausweislich § 3 Abs. 1 VO nicht auf allgemeine Erkenntnisse über die allgemeine Hundehaltung, sondern umfasst Kenntnisse der in § 2 genannten Hunderassen, die sich speziell auf Gefahrenabwehr richten. Die Jägerprüfung umfasst nicht solche speziellen rassebezogenen Kenntnisse. Sie erfasst vielmehr nur spezielle Rassekenntnisse für die Hundearten, die als Jagdhunde Verwendung finden (vgl. Blase, Die Jägerprüfung, 26. Aufl., S. 463). Unter den in § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1. und 2. genannten Rassen befindet sich keine einzige Jagdhunderasse.

Mithin fehlt es für die normative Fiktion des § 3 Abs. 3 Satz 2 an einem sachlichen Grund. Die Privilegierung der Jägerschaft stellt sich objektiv als Verletzung des Gleichheitssatzes dar (OVG Greifswald vom 06.04.2001 – 4 K 32/00).

III.

Die Nichtigkeit des § 4 Abs. 1 Ziffer 1 (Persönliche Zuverlässigkeit) hinsichtlich Straftaten gegen das Eigentum oder Vermögen, die nicht im Zusammenhang mit Gewaltanwendung stehen, ergibt sich aus der Untauglichkeit des Kriteriums.

Es ist nicht im Ansatz erkennbar, warum zum Beispiel ein gewaltloser Ladendiebstahl oder ein Betrugsversuch die Eignung oder Zuverlässigkeit zur Haltung eines Hundes regelmäßig in Frage stellen könnten. Hierbei handelt es sich um ein zum verfolgten Zweck sachfremdes Kriterium. Betont wird hier ausdrücklich, dass die Antragsteller selbstverständlich keine Form von Kriminalität gutheißen und eine strenge Ahndung befürworten.

IV.

Die Nichtigkeit des § 4 Abs. 3 (Vorlage zur Pflicht eines Führungszeugnisses) ergibt sich aus einem Verstoß gegen

· das informationelle Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG), ein höchstrichterlich eigenständig anerkanntes Grundrecht (BVerfG vom 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 – in BVerfGE 65, 1 ff). Dieses Grundrecht unterliegt höheren Eingriffsvoraussetzungen als die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG.
· das Wesentlichkeitsprinzip, Art. 80 Abs. 1 Satz 2. Ein derart schwerwiegender Eingriff kann nicht durch eine Verordnung erfolgen, sondern nur durch ein formelles Gesetz, dann aber nur unter Beachtung des Zitiergebotes des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG
· das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG.

Diesbezüglich nehme ich Bezug auf die 16 seitigen Ausführungen der Landesbeauftragten für Datenschutz Nordrhein-Westfalen, Frau Bettina Sokol, in deren Bericht vom 25.06.2001 mit dem Titel: „Stellungnahme zur Rechtswidrigkeit der Verpflichtung zur Vorlage von Führungszeugnissen“. Die dortigen Ausführungen gelten auch hier uneingeschränkt und werden zum Gegenstand des Vortrags gemacht.

Beweis: Stellungnahme der Landesbeauftragten für Datenschutz in Nordrhein-Westfalen vom 25.06.2001 in Anlage 8.

Entsprechendes gilt hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht nach § 7 Abs. 2 VO, die ebenfalls einen nicht mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip vereinbarenden Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht begründet.

V.

Die Nichtigkeit des § 6 Abs. 1 Satz 1 (Leinenzwang), soweit auf das befriedete Besitztum der Hundehalterin oder des Hundehalters abgestellt wird, verstößt gegen das Übermaßverbot, ist erkennbar nicht erforderlich und daher nichtig (OVG Schleswig-Holstein vom 29.05.01 – 4 K 8/00 – unter X. der Gründe).

Dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wird durch die Verpflichtung des § 7 Abs. 1 VO (Sicherung von Grundstücken und Wohnungen) Rechnung getragen, die auch auf fremden, d.h. nicht dem Hundehalter bzw. der Hundehalterin gehörenden Besitztum gilt.

Die öffentliche Sicherheit und Ordnung wird nicht beeinträchtigt, wenn einer der Antragsteller seinen Hund auf einem – entsprechend § 7 VO gesicherten – Grundstück eines anderen Antragstellers oder Hundevereins ohne Leine laufen lässt.

VI.

Aus der vorstehenden Überlegung ergibt sich ferner die Nichtigkeit des § 6 Abs. 3 Satz 1 (Maulkorb-/Beißschutzzwang), soweit auf seine Wohnung oder sein eingefriedetes Besitztum abgestellt wird. Es liegt keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vor, wenn der Hund sich ohne Maulkorb in der Wohnung oder dem sicher eingefriedeten Besitztum eines anderen Hundehalters (oder Hundesportvereins) aufhält.

Im übrigen folgt die Nichtigkeit aus folgenden Überlegungen:

· Nach bestandenem Wesenstest wäre die Aufrechterhaltung des tiermedizinisch kontraproduktiven Maulkorbzwangs überdies unverhältnismäßig (OVG Lüneburg vom 30.05.2001 – 11 K 2877/00). Mildere und verhältnismäßige Mittel sind Wesenstest des Hundes und bisherige Unauffälligkeit sowie Sachkunde und Zuverlässigkeit des Besitzers. Ein Maulkorb würde in diesem Fall eine übermäßige Doppelsicherung neben der Leine bedeuten (so auch die einhellige Auffassung der Tierärzteverbände/-kammern).

· Völlig ungeeignet bzw. untauglich ist ein Maulkorb bei zahnlosen Hunden, wie vorliegend beim Hund „Lemmy“ des Antragstellers Datzer. Übermäßig ist schließlich das Fehlen jeder Befreiungsmöglichkeit aufgrund einer tiermedizinischen Indikation.

· Im übrigen ist der Maulkorbzwang tiermedizinisch nachgewiesen kontraproduktiv (aggressionsfördernd) und zumindest bei Vorliegen der vorstehenden Voraussetzungen weder geeignet noch mit dem TierSchG (§ 2 Ziff. 2) vereinbar, was sich aus den vorgelegten tiermedizinischen Stellungnahmen ergibt. Zu rechtfertigen ist ein Maulkorbzwang allein bei individuell gefährlichen Tieren.

VII.

Die Nichtigkeit des § 6 Abs. 5 Satz 1 (Diensthunde von Behörden und Rettungshunde) folgt aus einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung.

Zwar ist einsichtig und sinnvoll, dass Diensthunde von Behörden und (behördliche oder private) Rettungshunde – die meisten Rettungshunde sind in privater Hand und Ausbildung (siehe Hund „Gertrud“ der Antragsteller Braun) – bei Einsatz und Ausbildung vom Leinen- und Maulkorbzwang befreit werden. Hingegen ist kein sachlicher Grund dafür erkennbar oder auch geboten, warum dies nicht auch für Diensthunde von Privaten (z.B. private Sicherheitsdienste) gelten sollte, zumindest wenn diese persönlich zuverlässig und sachkundig i.S.d. VO sind. Wach-/Schutzhunde, die außerhalb der Wohnung oder des eingefriedeten Besitztums generell einen Maulkorb tragen müssten (§ 6 Abs. 3 VO), wären ihrer Funktion beraubt, weil sie nicht nur dort zum Einsatz kommen.

VIII.

Die Nichtigkeit des § 7 Abs. 2 (Kennzeichnung von Grundstücken und Häusern) ergibt sich aus mehreren Gesichtspunkten:

· Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG), d.h. ein eigenständiges anerkanntes Grundrecht.
· Verstoß gegen das Wesentlichkeitsprinzip, Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Ein derart schwerwiegender Eingriff kann nicht durch eine Verordnung erfolgen, sondern nur durch ein formelles Gesetz, dann aber nur unter Beachtung des Zitiergebotes des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG.
· Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG.
· Die Bestimmung ist untauglich zur Gefahrenabwehr jedenfalls soweit sie sich auf Wohnungen bezieht. Ein sicherheitstechnischer Fortschritt ist hier nicht zu verzeichnen, da eine geschlossene Wohnung nicht von fremden Dritten betreten wird, wie dies bei einem Grundstück der Fall sein mag (Postbote, Schornsteinfeger, öffentliche Versorgungsdienste etc.).
· Die Bestimmung ist übermäßig, da sie sachlich nur bei individuell gefährlichen Hunden geboten ist.
· Die Bestimmung ist übermäßig bzw. unverhältnismäßig, da die Warnschilder an allen äußeren Zugängen anzubringen sind. Zumindest bei größeren Geschäftshäusern/-gebäuden, in denen ein Hund in räumlich abgetrennten und nichtöffentlichen Büro-/Aufenthaltsbereichen gehalten wird (Autohaus des Antragstellers Eymer sowie Hotel des Antragstellers Neimke), wäre die Anbringung aus Gründen der Gefahrenabwehr nur dort erforderlich, wo die Öffentlichkeit in Kontakt mit dem Hund gelangen kann, d.h. die Warnschilder wären z.B. dort anzubringen, wo regelmäßig Schilder mit der Aufschrift „Privatbereich“ hängen.
· Die generelle Beschilderung hat stigmatisierenden sowie diskriminierenden Charakter und ist generell nicht zu rechtfertigen, sondern allenfalls dann, wenn sich der Hund tatsächlich als gefährlich erwiesen hat. Diesbezüglich wird auch auf die Beschlüsse des OVG Bremen vom 29.11.2000 - 1 B 398/00 - sowie vom 21.09.2000 - 1 B 291/00 – verwiesen, wo ausgeführt wird:
„Zwar sind durch die vorübergehende Anbringung derartiger Schilder bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine irreparablen Nachteile zu befürchten, gleichwohl greift die verlangte Kennzeichnung von Wohn- und Geschäftsräumen in die Grundrechte der betroffenen Halter ein und erschwert deren private und berufliche Kontakte zu anderen Menschen. Dies braucht der Antragsteller auch nicht vorübergehend hinzunehmen, wenn offensichtlich ist, dass der Eingriff zur Gefahrenabwehr nicht erforderlich und die Regelung deshalb nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist.“

IX.

Die Nichtigkeit des § 9 (Kennzeichnungspflicht mit Chip) ergibt sich aus folgenden Gründen:

· Fehlen der prinzipiellen Eignung zur präventiven Gefahrenabwehr. Ein sicherheitstechnischer Fortschritt ist damit nicht verbunden (VGH Kassel vom 08.09.2000 – 11 NG 2500/2000 – NVwZ 2000, 1440). Die Norm könnte allenfalls der Erleichterung der polizeilichen Aufsicht dienen, wäre dann aber nach allgemeiner Ansicht nichtig (Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 497).
· Willkürliche Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG), weil nur Hunde nach § 2 Abs. 1 betroffen sind, nicht hingegen die tatsächlich bereits auffälligen Hunde nach § 2 Abs. 2 VO. Warum die Identifizierung einer unauffälligen und geprüften Hunderassengruppe erleichtert werden soll, lässt sich nicht sachlich begründen.
· Unverhältnismäßigkeit jedenfalls bei bestandenem Wesenstest, bisheriger Unauffälligkeit sowie Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters.

X.

Die Nichtigkeit des § 10 Satz 1 (generelle Unfruchtbarmachung aller Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1) ergibt sich aus folgenden Gründen:

· Sie ist jedenfalls insoweit unverhältnismäßig und nicht geboten, als der betreffende Hund einen Wesenstest erfolgreich bestanden hat (OVG Lüneburg vom 30.05.2001 – 11 K 2877/00 -). Insofern kann sich der Antragsgegner auch nicht auf das sog. Qualzuchtgutachten zu § 11 b TierSchG berufen: Das Gutachten (S. 32) empfiehlt ein Zuchtverbot lediglich für solche Hunde, die einen Wesenstest auf ihre Fähigkeiten zu sozialem Verhalten nicht bestanden haben. Hierüber setzt sich der Antragsgegner, der sich auf dieses Gutachten beruft, ermessensfehlerhaft hinweg, da er ausnahmslos auf Unfruchtbarmachung bestehen will.
· Unvereinbarkeit mit dem TierSchG jedenfalls bei Vorliegen der vorstehenden Voraussetzungen, da Operationsrisiken bestehen und dem Tier unnötiges Leid zugefügt wird.
· Es handelt sich um eine nicht gerechtfertigte objektive Berufswahlregel (Art. 12 Abs. 1 GG), da jegliche Zucht auch mit gutmütigen und unauffälligen Tieren ausgeschlossen würde.
· Es handelt sich um eine nicht erforderliche Inhalts-/Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 I GG).
· Die Bestimmung ist unvereinbar mit § 28 EG-Vertrag.

XI.

Die Nichtigkeit des § 12 Satz 1 (generelles Handels-, Erwerbs- und Abgabeverbot aller Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 1) ergibt sich aus folgenden Gründen:

· Sie ist jedenfalls insoweit unverhältnismäßig und nicht geboten, als der betreffende Hund einen Wesenstest erfolgreich bestanden hat (OVG Lüneburg vom 30.05.2001 – 11 K 2877/00).
· Es handelt sich um eine nicht gerechtfertigte objektive Berufswahlregel (Art. 12 Abs. 1 GG), da jegliche Zucht auch mit gutmütigen und unauffälligen Tieren ausgeschlossen würde.
· Es handelt sich um eine nicht erforderliche Inhalts-/Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 I GG).
· Die Bestimmung ist unvereinbar mit § 28 EG-Vertrag.

XII.

Die Nichtigkeit von Einzelanforderungen des § 14 (Erteilung der Erlaubnis - Erlaubnisvoraussetzungen) ergibt sich aus folgenden Gründen:

· Soweit in § 14 Abs. 1 Ziff. 1 VO ein besonderes Interesse an der Haltung verlangt wird, ist dieses Kriterium völlig unbestimmt. Die in den Ausführungsbestimmungen gegebenen Hinweise greifen viel zu kurz und sind unverhältnismäßig. Sofern der Hund einen Wesenstest bestanden hat, bisher unauffällig war und sein Halter sachkundig und zuverlässig war, ist kein besonderes Interesse mehr zu fordern oder gefahrenabwehrrechtlich anzuerkennen.

· Soweit in § 14 Nr. 5 VO eine Haftpflichtversicherung Voraussetzung für eine Erlaubniserteilung ist, genügt dies nicht dem Bestimmtheitsgebot. Weder versicherte Risiken noch die Höhe einer ausreichenden Deckungssumme lassen sich der Bestimmung auch nur im Ansatz entnehmen (OVG Greifswald vom 06.04.2001 – 4 K 32/00).
Im übrigen kann eine Haftpflichtversicherungspflicht – wie z.B. bei Kfz – nicht durch eine Gefahrenabwehrverordnung, sondern nur durch Gesetz eingeführt werden.
Eine Versicherungspflicht dient schließlich nicht der Gefahrenabwehr, sondern kann nur der Wiedergutmachung eines bereits eingetretenen Schadens dienen, so dass sie keine Ermächtigungsgrundlage im HSOG finden kann.

· Soweit in § 14 Nr. 6 VO die Entrichtung bereits fällig gewordener Hundesteuer Erlaubnisvoraussetzung ist, hat dieses Kriterium keinen Sachbezug zur präventiven Gefahrenabwehr, sondern dient allein fiskalischen Interessen.

· Soweit in § 14 Nr. 9 VO die Kennzeichnung des Hundes mittels Chip Erlaubnisvoraussetzung ist, handelt es sich ebenfalls um ein der präventiven Gefahrenabwehr untaugliches Kriterium.

· Soweit in § 14 Nr. 10 VO der Nachweis der Unfruchtbarkeit verlangt wird, kann auf die obigen Ausführungen zu § 10 VO verwiesen werden.

XIII.

Ad absurdum möchte ich die Ausführungen des Antragsgegners in dessen Pressemitteilung vom 25.07.2001 führen (nachzulesen unter Dort heißt es:

„Der Minister betonte, dass aber auch ganz praktische Gründe gegen einen Hundeführerschein sprechen. Ein solcher Führerschein hätte zur Folge, dass das betreffende Tier dann auch nur noch vom Führerscheininhaber ausgeführt werden dürfe. „Was passiert eigentlich mit dem Tier, wenn diese Person verhindert ist, etwa weil sie im Krankenhaus ist oder weil eine dringende Geschäftsreise ansteht ?“ fragte Bouffier und weiter: „Ein Tier kann nicht einfach mal so wie ein Auto drei Wochen abgestellt werden.“
Im übrigen habe bisher noch niemand die Frage beantwortet, welche Folgen es haben soll, wenn eine Person einen Hund ausführt, obwohl sie keinen „Hundeführerschein“ habe. „Wird diese Person dann festgenommen, ein Strafverfahren analog zum Fahren ohne Führerschein im Straßenverkehr eröffnet, der Hund beschlagnahmt ? Das ist doch einfach absurd....“

Pressemitteilung in Anlage 9

Dem letzten Satz können die Antragsteller nur zustimmen. Im übrigen erweist sich Herr Minister als schlechter Kenner seiner eigenen Verordnung und offenbart anscheinend erhebliche juristische Defizite. Ohne erhobenen Zeigefinger sollen ihm seine aufgeworfenen Fragen an dieser Stelle beantwortet werden:
· Das Führen eines Hundes ohne Sachkunde und Zuverlässigkeit kann eine Ordnungswidrigkeit darstellen (vgl. § 18 Abs. 1 Ziff. 4 GefahrenabwehrVO vom 15.08.00) und mit Geldbuße geahndet werden.
· Beschlagnahme bzw. Sicherstellung eines Hundes könnte bei Nichteinhaltung der Gebote/Verbote nach § 11 Abs. 1 GefahrenabwehrVO i.V.m. §§ 40, 41 HSOG anordnet werden.

Hinsichtlich des ersten Teils drängen sich den Antragstellern jedoch Fragen auf, deren Beantwortung sie spätestens im Termin am 28.08.2001 mit Spannung entgegensehen:
· Können Halter von Hunden nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 VO, denen die Widerlegung der Gefährlichkeit verwehrt ist, nicht auch ins Krankenhaus eingewiesen werden oder sich auf eine dringende Geschäftsreise begeben müssen ? Oder entspräche es eher dem ministeriellen Vorstellungsbild eines solchen Hundehalters, diese seien genauso schmerzunempfindlich und knallhart wie ihre „Kampfmaschinen“, die verschwinden sollen bzw. würden in toto aus sozialen Milieus stammen, in denen Geschäftsreisen gänzlich unbekannt wären ?
· Handelt es sich bei den Hunden nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 VO um Hunde, die Autos gleichzustellen wären und ebenso bedürfnislos sind ?
Hunde nach Kategorie § 2 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 dürfen nach § 5 Abs. 1, 3 VO nur vom Halter oder solchen Personen ausgeführt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, die erforderliche Sachkunde und (kumulativ) Zuverlässigkeit besitzen und körperlich und geistig in der Lage sind, den gefährlichen Hund sicher zu führen, so dass die Halter dieser Hunde genau die von Herrn Minister beschriebenen Probleme haben. Selbst bei gutem Willen sind Sachkunde (Sachkundetest durch zugelassenen Prüfer) und Zuverlässigkeit (Führungszeugniseinholung) nicht kurzfristig – d.h. unter ¾ Wochen - für einen bereits wesensgetesteten Hund zu erlangen, falls dessen Halter/in ausfällt. Nach Erkennung des Problems durch den zuständigen Minister wird nun eine Lösung dieses Problems der Listenhunde durch ihn erwartet

Bei der Entscheidungsfindung bitte ich den gesamten Vortrag zur Sach- und Rechtslage der Kollegen, die ebenfalls eine Normenkontrolle angestrengt haben, mit zu berücksichtigen. Ferner wird darum gebeten, aufgrund der Funktion des Normenkontrollverfahrens als eines auch objektiven Prüfverfahrens (BVerwG vom 04.06.1991 – 4 NB 35.89 – BVerwGE 88, 270; Kopp/Schenke, VWGO, 12. Aufl. 2000, § 47 Rn 50) die Überprüfung auf die diskriminierten Rassen auszudehnen, die nicht unter den Antragstellern zu finden sind.

Das heutige Abschlusszitat stammt von Berthold Auerbach (1812 – 1882:(
„Der untrüglichste Gradmesser für die Herzensbildung der Menschen ist, wie sie die Tiere
 
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