Die gesellschaftliche / volkswirtschaftliche Anerkennung von "Carearbeit" ist etwas anderes. Etwas, das (für mich) so selbstverständlich sein sollte, daß es gar keiner Diskussion mehr bedarf. Aber das ist nicht das, was ich die ganze Zeit meine. Du / ihr sprecht jedoch überwiegend davon.
Das liegt aber zum einen daran, dass der Begriff „Care-Arbeit“ nunmal aus diesem Kontext kommt - und du ihn gerade in den privaten Bereich transferierst und sowohl dem Wort “Arbeit” als auch dem Wort “Anerkennung“ eine Bedeutung beimisst, die beide Begriffe haben können, aber nicht
müssen.
Und dann redet man fast zwangsläufig irgendwie aneinander vorbei.
Bei mir klickte es da auch erst gerade eben, als du geschrieben hast:
Sondern so reden - meinem Empfinden nach - auch häufig die, deren finanzielles und familiäres Umfeld gut funktioniert.
Hast du nicht jemanden in der Familie - Schwägerin? - Cousine? - bei der das so ist?
Dann ist es natürlich schwierig, fast dasselbe Argument mit einer ähnlichen Wortwahl
nicht als emotional aufgeladen zu betrachten.
Tatsächlich werden beide Debatten - die gesellschaftliche und die private - in einer recht ähnlichen Art und Weise geführt.
Denn so schön es auch ist, dass es für dich so ausschaut:
Etwas, das (für mich) so selbstverständlich sein sollte, daß es gar keiner Diskussion mehr bedarf
Ist das leider nach meiner Erfahrung im Alltag eher nicht so.
Jeder „weiß“ irgendwo, dass Kinderkriegen zum Leben erstmal „dazugehört“ - die biologische Möglichkeit, sich fortzupflanzen, ist die Regel, nicht die Ausnahme.
Jeder weiß auch, dass Altwerden oft mit Hilfsbedürftigkeit einhergeht.
Und unsere Gesellschaft und deren Finanzierung fußt darauf, dass a) erst die Älteren für die Kinder, und b) dann die jungen Erwachsenen für die Alten sorgen. Finanziell und/oder persönlich.
Aber dennoch werten heutzutage viele Leute Kinderkriegen als nicht mehr als ein persönliches Hobby, mit dem man seine Mitmenschen bitte nicht behelligen sollte. Weil es ja eine „persönliche Entscheidung“ ist.
Eltern - Frauen dabei noch mehr als Männer - dürfen gern Eltern sein, aber im Beruf soll man davon bitte nichts merken. Die sollen bitte ihre Kinder so organisieren, dass die Arbeit unbehelligt bleibt.
Und Kindergeld, Steuererleichterungen, zusätzliche freie Tage etc werden als Extrawurst und unfairer Vorteil betrachtet.
(Ich habe dasselbe über Pflegepauschbeträge noch nicht gehört, aber schon „Klagen“ über pflegebedürftige Angehörige und die „Meinung“, Eltern könne man ja auch ins Pflegeheim tun oder einen Pflegedienst engagieren, statt dauernd kurzfristig frei zu nehmen.)
Und da sehe ich genau fehlende
Anerkennung - wobei ich nicht johlenden Applaus und Radschlagen und Blumensträuße meine, sondern die Anerkennung des Umstandes, dass Kinder (Edit: oder alte Eltern) Zeit kosten und man daher phasenweise die Arbeit anders organisieren muss als ohne Kinder/ ohne pflegebedürftige Angehörige - ohne ein/e schlechte/r MitarbeiterIn zu sein, als normal und nicht als Extrawurst.
(Gleiches gilt übrigens auch für die biologischen Besonderheiten von Frauen - würde man die wirklich als normal anerkennen, würde man freie Tage bei Menstruationsbeschwerden ebenso wie Schwangerschaften und deren mögliche Folgen einfach hinnehmen und einplanen, statt sie als Zumutung für alle anderen zu betrachten.)
Also, ja, aus meiner Sicht fehlt da gesellschaftlich die Anerkennung, und ich finde, die sollte es geben!
Eine Debatte privater Befindlichkeiten andererseits ist immer schwierig, ohne die Hintergründe zu kennen.
Ich weiß nicht, was bei der dir bekannten Person schief läuft - manche Leute jammern halt viel, andere haben vielleicht im Hintergrund ernste Probleme und „dieses“ Jammern ist nur ein Symptom davon.
Ich denke einerseits, dass mangelnde Erfahrung und zu rosige Erwartungen auf jeden Fall eine gewisse Rolle spielen.
Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass man - mit Kindern wie mit Hunden - bei Problemen schnell alleingelassen wird und diffus die Schuld zugewiesen bekommt, wenn Standardrezepte nicht helfen.
Was dann sicherlich die Tendenz zum Jammern verstärkt.
Und wie gesagt habe ich zumindest in „meiner Generation“ und noch etwas jünger oft Folgendes erlebt.
Erst lief es so:
Lille schrieb:
Ich kenne durchaus Frauen, die das sehr bewusst anders angegangen sind und die Bedingungen vorab mit dem Partner besprochen haben, unter denen sie sich überhaupt vorstellen können, ein Kind zu bekommen. Damit deckt man natürlich auch nicht alle Eventualitäten ab, aber zumindest den Grundsatz.
Und dann ist von der ganzen Absprache plötzlich nichts mehr übrig, wenn das Kind erstmal da ist.
Und wenn man das beklagt, hört man eben: „Wieso? - War doch deine persönliche Entscheidung?“
Das ist mir völlig fremd, also Sternchen für etwas zu vergeben, dass einfach zu der Arbeit dazu gehört. Aber ich bin ja auch noch Generation X, die würde ich eher Generation pragmatisch nennen
Um fair zu dein: Fleißsternchen und „Gut gemacht!“-Stempel gab es schon bei mir in der Grundschule, vor über 40 Jahren.