So, und was so generelle Toleranz angeht:
Vieles, was ich hier ins Allgemeine schreibe, würde ich einzelnen Betroffenen nie so ins Gesicht sagen.
Nicht, weil ich unehrlich bin, sondern weil ich mir nicht anmaße, jeden so gut zu kennen, dass ich mir ein absolutes Urteil erlauben darf.
Jeder, der auch nur einen Todesfall nach Impfung persönlich kennt, zB, hat für mich jeden Grund, Angst zu haben und skeptisch zu sein - da hilft auch kein Rechnen…
Aber wenn - rein debattentheoretisch - hier im Thread immer wieder wiederholt wird, dass "die Ungeimpften nicht diejenigen sind, die die Krankheit verbreiten, sondern die nicht getesteten Geimpften" - und die nackten Zahlen verraten das klare, eindeutige Gegenteil…
Dann will ich hier verdammt noch mal über Impfungen diskutieren und nicht über eine Frage, die für mich gar nicht strittig ist.
Wenn es ein Punkt ist, an dem ich mit Joki zB überhaupt einig bin, ist es die Testfrage.
Ich weiß nicht, wie oft ich das schon geschrieben habe.
Dann als Antwort auf eine Bemerkung über Impfungen „aber dauernd wird immer über Impfungen geredet - wir sollten auch über Tests reden“ zu hören, ist einfach komplett Banane.
Ich will nicht über Tests reden, mir mir muss man nicht über Tests reden, und was öffentlich diskutiert wird, weiß ich weder, noch interessiert es mich - ich verfolge nur noch medizinische Newsletter zum Thema.
Und ich will mir weder Bequemlichkeit noch Heuchelei noch mangelnden Solidarität noch eine Einstellung a la "die Tyrannei der Ungeimpften" unterstellen lassen, herzlichen Dank auch, wenn ich auf mehrere nackte Zahlen sehe und anhand derer sehe und gern erläutern möchte, dass die Annahme falsch ist, die fehlenden Tests (und vor allem die fehlenden Tests für Geimpfte) seien für die Ausbreitung von Covid viel bedeutsamer als die fehlenden Impfungen, und deswegen müsse vorrangig über diese geschrieben werden.
Die Zahlen zeigen das Gegenteil.
Wären ungetestete Geimpfte ausbreitungstechnisch ein größeres Problem als Ungeimpfte, hätten wir hier in NRW die Krankenhäuser voll und nicht in Sachsen und in den Kreise in Bayern mit ähnlich niedriger Impfquote. Weil es hier viel mehr ungetestete Geimpfte gibt als dort, und viel mehr Leute aufeinanderhocken, und es dann also hier viel mehr Ansteckungen geben sollte. Gibt es aber nicht.
Was jeder aus diesem Umstand macht, ist ihm oder ihr überlassen. Das ist ja auch nicht meine Sache.
Aber man kann sich mM nicht korrekt entscheiden, wenn einem die zugrunde liegenden Fakten nicht ganz klar sind.
Wenn man sie kennt, und dann immer noch Bedenken hat... gut, dann ist das so.
Aber dann ist die Entscheidungsgrundlage eine andere.
Nur bringt es für eine konstruktive Diskussion dieses konkreten Themas gar nichts, jedes Mal mit einem ganz anderen Thema anzukommen, nur um sich nicht mit den Fakten befassen zu müssen. Oder warum auch immer.
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Themenwechsel zu etwas Grundsätzlichem:
Ich persönlich denke, dass die Impfskepsis in diesem Land schon viel länger ein Problem ist als seit Corona.
Wir haben das so hingenommen, weil es uns gut ging und wir es uns leisten konnten. "Die paar Wirrköpfe, was macht das schon. Die haben Glück, dass wir alle so gesund sind und sie das ausleben können." - Mittlerweile zeigt sich allerdings recht deutlich: Nicht nur "die" hatten Glück - wir hatten es alle.
Ich muss gestehen, dass Impfskepsis einer der wenigen Standpunkte ist, an dem ich überhaupt nichts nachvollziehbar finde. Ich diskutiere das Thema auch nicht mit Leuten, die so denken, weil mir nichts einfallen würde, bei dem man sich verständigen und von wo aus man diskutieren könnte.
Diesen Leuten und grundsätzlich jedem verschwurbelten Feind der Schulmedizin in der öffentlichen Meinung so viel Raum zu geben, wie es ihrem Anteil gar nicht entspricht, einfach, weil eine Diskussion "ausgewogen sein muss" und der eine oder andere es schick findet, und weil uU viele Journalistenkollegen ähnlich gefühlsbetont ticken und es mit der Logik nicht so haben, war unschön und mM nach zeigt sich jetzt, wie gefährlich es ist.
Es gibt hierzulande eine wissenschaftsfeindliche Unterströmung - und das seit Jahren. "Die Wissenschaftler" stehen direkt neben "denen da oben". Okay, meist irgendwie verschwommen im Hinterkopf stehen "die Wissenschaftler" Hand in Hand mit "der Industrie", und alles, was von da kommt und irgendwie neu ist, ist erstmal schlecht, und sollte streng reguliert oder am besten gleich verboten werden.
Während noch das zweifelhafteste Kräuterpülverchen mit potenziell lebertoxischer Wirkung und chinesisch-englischem Beipackzettel als natürliche, gut verträgliche Alternative zu irgendwas höchsten Respekt genießt, weil es irgendwie "ganzheitlicher ist".
Während der Sinn alles anderen von einem bestimmten Teil der Bevölkerung "aus dem Bauch raus" erstmal irgendwie infrage gestellt wird.
Und genau die Leute, die so ticken - sind jetzt Impfskeptiker. Warum auch nicht? Damit sind sie in unserem katastrophenverschonten Land ja bisher auch recht gut gefahren. Die konnten ihren Traum von Homöopathie auf dem Land und im Grünen dadurch leben, dass die Schulmedizin einen Raum geschaffen hat, in dem echte, ernste Infektions-Krankheiten beherrschbar erschienen und sogar die schlimmsten Auswüchse der extremen Naturheilkunde am Ende, dann doch mit Schulmedizin, meist (wenn auch nicht immer) irgendwie korrigierbar waren.
Und glaubten dann, das sei ihr eigenes Verdienst, nicht das aller anderen. Die haben das Konzept, dass andere sie schützen und ihnen ein Öko-Biotop freiräumen, in dem Diphterie fast nicht mehr vorkommt und Masern aushaltbar sind, bisher nicht verstanden und verstehen es auch jetzt in Bezug auf die Impfung nicht.
In dieser Hinsicht ist die Gesellschaft nicht erst seit Corona gespalten, sie war es schon lange, aber es war nicht schlimm, weil ja alle irgendwie zurechtkamen. Und darum wurde der Konflikt nie ernsthaft adressiert oder gar gelöst.
Und jetzt, wo das Nebeneinander nicht mehr funktioniert - wird es kritisch.
Wie man das lösen soll, weiß ich auch nicht.
Und übrigens, bevor einer "aber" schreibt: Ich selbst bin manchmal von der anderen Seite her betriebsblind, und ich weiß, dass auch echte aktive Wissenschaftler das manches mal sind, weil die schon in einer sehr begrenzten, in sich geschlossenen Welt leben und den Alltag ob ihres ausgedehnten Arbeitpensums nur am Rande mitkriegen.
Ich bin absolut dafür, "der Forschung" kritisch auf die Finger zu gucken, und ich weiß nicht, wie oft ich schon geschrieben habe, für wie problematisch ich es halte, dass der medizinische Fortschritt in Sachen Medikamente weltweit fast ausschließlich der Pharmaindustrie aufgetragen wird.
Aber Kontrolle heißt nicht, alles kleinzureden, nichts anzuerkennen und die ganze Baggage am liebsten in einen Bunker zu sperren, damit sie der Umwelt nicht schaden können. - Und selbst die Auseinandersetzung mit dem Thema weiträumig zu vermeiden.
ME muss sich da dringend etwas ändern. So funktioniert das nicht.