Die alten Eltern in Coronazeiten mit zu versorgen, ist gar nicht so einfach. Wir haben meinen Eltern heute einen Kofferraum voll mit Lebensmitteln gebracht. Dabei wussten wir nicht, ob das gelingen würde, denn wir leben in Lux und sie in D. Normalerweise versorgt sie mein Exmann, aber der hat grade jede Menge "Überschichten" im sozialen Bereich und läuft quasi auf dem Zahnfleisch.
Chris hatte sich in die gesetzlichen Regelungen eingelesen. Die erlauben grundsätzlich, dass wir meine Eltern mit Lebensmitteln versorgen können. Abhängen würde das aber letztendlich von der Entscheidung der Grenzkontrolleure. Folglich waren wir nervös und nahmen alles mit, was wir an Dokumenten hatten. Wir haben unterschiedliche Nachnamen, also kam die Eheurkunde mit. Ebenso meine Geburtsurkunde, damit ich meine Eltern nachweisen konnte. Unsere Reisepässe und die Niederlassungserklärung von Luxemburg sind auch in normalen Zeiten verpflichtend und somit natürlich auch mit an Bord. Meinen Eltern haben wir nichts gesagt, damit sie sich nicht sorgen.
Um 13.30 Uhr sind wir sehr nervös losgefahren und waren eine dreiviertel Stunde später an der deutschen Grenze, die wir noch passieren durften und waren damit in D. Ein paar Kilometer weiter wurden wir zur Grenzkontrolle auf einen Parkplatz gelenkt. Vorher gibt es keine Möglichkeit, von der Autobahn abzufahren. Auf dem Parkplatz standen 2 Grenzbeamte und es gab keine anderen Autos weit und breit. Ich hatte schon den Stapel Papiere in der Hand, als wir neben den Grenzbeamten anhielten und Chris das Fenster runter ließ. Der Grenzbeamte fragte, wohin wir wollten. Eigentlich hatten wir verabredet, dass Chris redet und ich die Klappe halte, weil er der Ruhigere ist. Der komplett vermummte Grenzbeamte sah mich aber über die Maske und durch die Brille hindurch freundlich an und ich sprudelte los, "dass wir meinen Eltern Lebensmittel bringen möchten. Wir hätten auch alles dabei" und versuchte dabei, ihm die Papiere an Chris vorbei zu reichen. Seine Augen (mehr sah man von ihm ja nicht) lächelten und er meinte: "Sie können weiter fahren. Grüßen Sie ihre Eltern"
Ufffz. Wir hatten mit viel mehr Fragen und Schwierigkeiten gerechnet.
Wir riefen meine Eltern an und informierten sie, dass wir kommen. Mein Vater kam ans Telefon und schimpfte erst mal, weil wir die weite Strecke fahren, freute sich dann aber sehr.
Bei ihnen angekommen, blieben sie in der Haustür stehen und wir desinfizierten jedes Teil und legten es auf das Mäuerchen. Wir hatten ihnen neben den Lebensmitteln auch noch Desinfektionskram und einen Blumenstrauß mitgebracht. Das Desinfektionszeug sieht man auf dem Mäuerchen, das war das Erste, was wir ausgepackt und desinfiziert hatten. Zwei Mal Handdesinfektion, die unsere Apotheke hier selbst herstellt und zwei Liter Flächendesinfektion aus der Nagelmodellage
Wir hatten immer mindestens 5 Meter Distanz, aber es war gut, meine Eltern in gutem Zustand zu sehen und zu merken, dass sie ihren Humor nicht verloren haben. Ich freue mich darauf, dass wir irgendwann wieder ins Haus kommen können und uns an den liebevoll gedeckten Tisch setzen können. Und auch meine Freundin Charlotte und meinen Exmann treffen zu können, die in der Nähe leben.
Den Blumenstrauß virenfrei zu machen, war etwas tricky. Ich hatte einen an einer Tankstelle gekauft (Blumenläden sind hier dicht, die Tankstellen dürfen aber Blumen anbieten). Der hatte eine breite Papiermanschette um den Strauß und darüber war er noch komplett umweltschädlich in Plastik verpackt, aber genau das, was wir brauchten. Bei meinen Eltern haben wir das Plastik um den Blumenstrauß entfernt und die Manschette desinfiziert. Mein Vater hat den Blumenstrauß mit Handschuhen ins Haus getragen und in eine Vase gepackt.
Das alles ist so surreal. Manchmal denke ich wirklich, dass alles ist so schräg, das kann nur ein Alptraum sein.
Wir blieben ungefähr 10 Minuten und fuhren dann wieder gen Luxemburg. Da war bei der Einreise an der Grenze gar nichts, es war wie immer. Wir fuhren einfach durch.