Das Problem ist, selbst wenn es nur eine Drohung gewesen sein sollte, wird es bei den Menschen anders ankommen und sie werden sich auf den Weg machen. Wenn sie dann nicht gehen dürfen, wird es zu hässlichen Bildern kommen. Offensichtlich dürfen sie aber gehen:
Ist schon passiert - treffende Analyse von Dr. Lale Aykün:
"Aber es geht weiter. Erdogan spielt in jeder Hinsicht seine letzte Karte aus.
Innenpolitisch kann es fast nicht mehr schlechter werden: die wirtschaftliche Lage, die Unterdrückungsmechanismen, die Lügen. Die Armen werden immer ärmer und die Entourage von Erdogan immer reicher. Krieg in Syrien, Krieg in Libyen, Söldner, die von der türkischen Regierung bezahlt werden, Unterstützung islamistischer Gruppierungen in Syrien.
Bis jetzt hat es Erdogan geschafft, mit nationalistischen Parolen, die Opposition mundtot zu machen und hinter sich zu bringen. So waren sogar die toten Soldaten für ihn hilfreich. Wer konnte angesichts des Schmerzes der Familien der gefallenen Soldaten die Schuldfrage stellen?
Aber jetzt hat Putin ihn fallenlassen und es gibt offiziell 33 tote Soldaten. Wofür? Für das unersättliche Ego von Erdogan?
Jetzt schon verlangen einfache Menschen sofortigen Frieden und Neuwahlen. Die Opposition muss jetzt den Mut haben, sich dieser Mauer von scheinheiligem Nationalismus entgegenzustellen.
Erdogan wäre aber nicht Erdogan, wenn er nicht zweigleisig fahren würde. Als die NATO auf sein Hilfeersuchen nicht reagierte, wurde noch gestern Abend die Parole ausgegeben, dass die Grenzen für alle Flüchtlinge in der Türkei geöffnet sind und sie nach Europa ausreisen dürfen. Busse würden bereitstehen erfuhr man auf türkischen Fernsehsendern. Billiger Erpressungsversuch. Aber gleichzeitig verlautet aus offiziellen Kreisen, die Flüchtlinge hätten sich "aus eigener Initiative" zusammengetan und würden jetzt die Türkei verlassen. Sie seien "den Schleppern auf den Leim gegangen".
Sich alle Seiten offen halten, drohen, erpressen und sich gleichzeitig von aller Schuld freiwaschen wollen. Taschenspielertricks eines billigen Despoten.
Einige türkische Sender zeigen seit Stunden den Track der Flüchtlinge Richtung Bulgarien und Griechenland. Die griechische Armee hat an der Grenze ein Kordon gebildet, um die Flüchtlinge nicht ins Land zu lassen. Bulgarien reagiert wohl ähnlich.
Jetzt ist die Zeit gekommen, Erdogan endgültig die kalte Schulter zu zeigen. Frau Merkel sollte bitte nicht in die nächste Maschine springen, um Erdogan zu besänftigen. Es reicht, dass die Politik diesem Despoten und Kriegsritter so lange Honig um den Bart geschmiert hat. Stärkt lieber die Oppositionellen in der Türkei, dass sie nicht länger den Mund halten müssen, um nicht zu Vaterlandsverräter abgestempelt zu werden."