Beliebte Drohung - ja, kenne ich auch. Meine Oma wollte immer, dass ich ihr meine Sünden beichte. Und wenn mir partout nichts "Sündiges" einfiel, war das für sie der erneute Beweis, ich sei das "Teufelskind"
Die Drohung damit hat mich aufgeregt. Sie beinhaltet ja die Anmaßung genau zu wissen, dass man heimlich Schlechtes tut oder zumindest "schlechte Gedanken" hat. Da habe ich mir immer gedacht: Was müssen die Altvorderen selbst ständig für "schlechte Gedanken" haben, wenn sie das bei anderen (vor allem auch bei Kindern) immerzu als unumstößlich gegeben voraussetzen?
Dabei kommt man mit der einfachen goldenen Regel „Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg auch keinem andern zu" doch tatsächlich auch mal sündenfrei durch den Tag.
Gerade vor ein paar Tagen hatte ich dieses Thema mit meiner Mutter. Ich habe ihr erzählt, wie grauenvoll der "Beichtunterricht" für mich war.
Daß da Kindern eingeredet wird, daß sie alle Sünder sind, ist für mich einfach nur absurd. Besonders schlimm in Erinnerung habe ich die Phase, wo es an die "praktischen Übungen" zur Vorbereitung auf die erste "richtige" Beichte ging.
Wir sollten unsere Sünden auf kleine Zettelchen schreiben, als Gedankenstütze, damit wir im Beichtstuhl flüssig all unsere Sünden vortragen konnten.
Tagelang saß ich vor diesem leeren Zettel und überlegte, was ich da drauf schreiben könnte. Ich empfand mich nicht als Sünderin. Ich hatte nicht gesündigt - meiner festen Überzeugung nach. Ich war ein Kind! Das war alles einfach nur absurd für mich, und es blieb dann auch bei dieser ersten und letzten Beichte meines Lebens.
Und nachdem ich meiner Mutter davon erzählt hatte, berichtete sie mir von ihrer letzten Beichte, die sie vor ihrer Eheschließung ablegen musste.
Weil sie sich damals genierte, zu unserem (grauenvollen) Dorfpfarrer zu gehen, beschloß sie, in der Stadt ins "Klösterchen" zu gehen, wo sie sich Anonymität erhoffte.
Also tippelte sie in den Beichtstuhl, in dem so ein Klosterbruder hinter dem Gitterchen saß. Als sie all ihren Mut zusammen genommen und heraus gepresst hatte: "Wir waren unkeusch." beugte sich der Bruder "Nixnutzius" zum Gitter vor und raunte: "Komm, sag mir mal genau, wie ihr das gemacht habt!" Meine Mutter war schockiert, beschämt und sprachlos. Und als der Bruder sie schließlich fragte: "Willste mir wohl net sagen?", sprang sie auf und lief aus der Kapelle. Ohne Absolution...
Das sind vielleicht keine hochdramatischen Geschichten, aber es sind unangenehme Erlebnisse, die man sein Leben lang nicht vergisst und die für mich schon im Ansatz zeigen, welche abartigen Blüten Religion treiben kann.
Sowas braucht kein Mensch, und noch schlimmeres schon gar nicht.