Ich denke, das kommt auf die Umstände an.
Es ist einfach auch nicht jeder fürs Abitur gemacht. Und es
muss auch an sich nicht jeder Abitur machen.
Ich kenne zwei Leute, die vor dem Abitur abgegangen sind, obwohl sie es hätten machen können, weil sie schon sehr früh ganz genau wussten, was sie wollten.
Die eine Physiotherapeutin, die andere wollte auf eine hiesige Fachschule für Erzieherinnen (wo man im Laufe der Ausbildung mW die Fachoberschulreife noch mit macht). Beide haben sich akribisch vorbeitet - etwa ab Alter 15. (Von der einen weiß ich es vom Erzählen, die andere war hier mal Babysitter und dann Pratikantin beim Jüngsten im Kindergarten, da habe ich es live mitbekommen.)
Die waren beide so zielstrebig und so gut organisiert, dass es mir auch als Mutter nicht eingefallen wäre, sie zu stoppen. Da hätte ich mir nach oder eher kurz vor dem Abi direkt ne Scheibe von abschneiden können.
Und beide sind bisher zufrieden und gut in ihrem Job.
Ich hatte auch einen Mitstudenten - und ich habe ja das Fach mit dem damals bundesweit höchsten NC studiert (und habe es selbst trotz ganz gutem Abi nur über Umwege da hineingeschafft) - der hatte ein Super-Abi und ein Hochbegabten-Stipendium. Der bekam seinen Platz regulär. Und hat auch das Studium ohne große Schwierigkeiten geschafft - zumindest auf fachlicher Ebene.
Auf menschlicher hat er sich da nie richtig wohlgefühlt. Ich mochte den echt gern - der war sehr nett, aber bei aller Begabung irgendwie eher anti-intelektuell. Als Freunde hatte der im Studiengang zB immer eher die Leute, die nach einer Ausbildung oder der Bundeswehr oder... übe Wartesemester da mit reinrerutscht waren, und weniger die anderen Leute aus seinem Hochbegabtenverein. - Die ihn und seine Art auch eher anstrengend fanden.
Der hat auch noch ein Super-Diplom gemacht. Und dann, statt sich eine "standesgemäße" Promotionsstelle zu suchen - hat er alles hingeschmissen und sich für den Polizeidienst beworben. Auch Kripo. Weil: Wollte er eigentlich schon immer machen und alle haben ihm gesagt, das wäre Verschwendung, mit dem Abitur und dem Stipendium und und und müsse er studieren. Er wolle aber etwas Sinnvolles tun. Nicht so unkonkreten Fitzelkram.
So weit ich weiß, war er mit der Entscheidung sehr glücklich. Aber er hatte echt Manschetten, das anderen Studis zu erzählen. Weil die meisten das wohl nicht verstanden hätten.
Ich wollte ja selbst hundertmal lieber zum LKA als in die allermeisten Forschungslabore, konnte das also gut nachvollziehen.