Da ich selbst eine unsichere Handaufzucht hier sitzen habe die ausser auf ihre Geschwister auf so gut wie garnichts geprägt wurde (kam mit 15 Wochen und hatte vor allem Angst.. ein paar Gedanken:
Handaufzuchten haben in der Regel einige Defizite vor allem emotionaler Art, sie haben oftmals nie Schutz erfahren oder Regulation und Erziehung zu sozialem Verhalten durch die Mutter, oft sitzen sie dann
nur mit ihren Geschwistern zusammen, kommt es eben auch vor, das einige aus dem Wurf "asozial" werden, z.B. gab es in dem Wurf aus dem meine Hündin kommt, eine Hündin, die alle anderen permanent untergebuttert hat, Aggressives Verhalten als Erfolgsstrategie entwickelte, da sie damit einen Erfolg nach dem Anderen hatte gleichzeitig hatte diese Hündin NULL Frustoleranz, weil sie auch nie gelernt hat, Frust zu ertragen, oder auch einfach mal Kontra bekam. Dementsprechend rastete sie an der Leine komplett aus und richtete sich dann auch gegen die Besitzer vor lauter Wut. Ohne Leine war sie aber verträglich,solange keine Ressourcen ins Spiel kamen. (Deiner war ja alleine, aber der Vollständigkeit halber)
Bei extrem reizarmer Aufzucht sollte man auch immer an einen sog. Deprivationsschaden denken, solche Hunde sind dann zeitlebens geistig eingeschränkt und können Reize nicht so filtern wie andere Hunde, diese Reizfilterschwäche ist dem bei Autismus nicht unähnlich. Diese Hunde sind schnell überfordert und reagieren dann u.U. mit aggressivem Verhalten. Deswegen auch der sinnvolle Rat des Trainers die Reize zu reduzieren und nur rumzugucken, ein deprivierter (oder auch nur unsicherer) Hund hat damit oft schon genug zu tun.
Ich hatte mit Lotti das Glück, hier noch 5 Wochen ein gechilltes Ömmchen dabei zu haben, deren Gelassenheit hat ihr natürlich sehr geholfen, die Gruselsituationen neu zu bewerten UND sich überhaupt an anderen Lebewesen zu orientieren. Das versaut man sich bei ängstlichen Hunden mit jeglichem Druck: dann wird man nur zur Quelle für noch mehr Angst und verliert Vertrauen.
Ich habe sie grundsätzlich nie "kurz" genommen, denn auch das macht Druck, bzw. verhindert bei Stress die Fluchtreaktion, als entlastende Aktion - da ein Hund bei Bedrohung nur drei bzw vier Lösungsmöglichkeiten hat (Flucht, Kampf, Erstarren, und Befreunden)
Meist erstarren sie erst und glotzen -und melden eine Gefahr -fragen nach einer Bewertung (wuffen), "zerre" ich nun hier weiter -ggf auch unfreundlich -und näher an das Gruselding heran, und der Stress wird größer - bleibt nur der Kampf, der dann beim Weitergehen ja auch aus Hundesicht erfolgreich ist, weil das Gruselding sich wieder entfernt. Distanzvergrößerung sollte vor dem zeigen von Aggression erfolgen, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen.
Das ist natürlich nicht überall machbar, ich habe das Glück, in der Pampa zu wohnen, und kann die Distanzen ohne Gefahr beliebig wählen, so daß ich immer im grade noch Wohlfühlbereich für den Hund war - der einzige Zustand, in dem ein Hund überhaupt Gelassenheit lernen kann, wenn er erstmal explodiert ist es zu spät, da hilft kein Keks und erstrecht keine "Korrektur" die schlimmstenfalls nur dafür sorgt, daß er das Verhalten nicht mehr zeigt (Knurren etc) aber an der Emotion nichts ändert, bzw verschlimmert - Unfälle sind so fast vorprogrammiert. Viele empfehlen ein neben sich bringen weil der Hund sich dann geschützt fühlt... wenn dies aber "erzwungen" wird, bringt das meiner Meinung nach eher garnichts. "Gewonnen" hast du, wenn du das melden schon beantwortest und der Hund sich von sich aus hinter dich bringt bzw bei dir "anfragt", daß ist ein riesen Schritt! Wuffen würde ich immer positiv beantworten, daß ist nämlich eine Handlungsaufforderung an dich, und genau das willst du ja, daß der Hund sich an dir orientiert was zu tun ist, bzw sein Schicksal nicht selbst in die Hand nimmt und den Auslöser vertreibt.
Sieh jedes Ausweichen (vor dem zeigen aggressiven Verhaltens) als Chance Gelassenheit zu trainieren (natürlich nicht wenn es 10 Hunde hintereinander wären, aber jeder Hund bei dem er halbwegs cool bleibt, ist ein Schritt in die richtige Richtung (auf einem langen langen Weg) , Wohlfühldistanz herausfinden und genau da ruhiges Beobachten loben loben loben...Ausflippen würde
ich noch komplett ignorieren. Gute Hundekontakte mit sozial kompetenten Hunden sind natürlich auch extrem hilfreich, ihm etwas von der Angst zu nehmen.
Diese Wohlfühldistanz habe ich sehr kleinschrittig verkleinert bzw. wenn sie dann neugierig wurde und an der 5m Leine doch mal gucken wollte, jede Annäherung oder allg. nicht abwehrende Reaktion gelobt und dann gemeinsam nachgeschaut, ob der Bagger etc einen evtl eben nicht auffrisst, diesen Vorgang -sobald der Hund entspannter wird bzw anfängt zu schnuffeln, kann man auch mit einem Wort markieren ( hier sage ich erst : willst du mal gucken, wenn wir hingehen und alles gut ) . Wichtig finde ich maximale Gelassenheit auszustrahlen, egal wie irre der sich grade aufführt oder wer grade blöd guckt etc. ******* drauf! Wenn du "mitttobst",angespannt der hektisch reagierst, bestätigst du ihn ja nur durch die Botschaft, die du aussendest (alles Schrecklich), körperliches Strafen natürlich erstrecht: Anderer Hund = die Hölle bricht los = der muss weg! Wenn man den Hund schlecht halten kann, ist das natürlich leichter gesagt, als getan...ich weiß
In den Video sieht man bei dem Pferd die Strategie des Befreundens - ein "wegspacken", danach war das Pferd, das uns nachgelaufen war auch nicht mehr so aufregend, die Energie konnte rausgespackt werden, an kurzer Leine wäre es schnell ein Pöbeln geworden. (sie ist jetzt 19 Monate alt und hat Ataxie, deswegen läuft sie so komisch) Interessanterweise galt das aber nur für DIESES Pferd, bei einem anderen wäre sie wieder deutlich angespannter gewesen, bei ihr sieht man das immer wunderbar an der Idiotenbürste.
Mit Hunden hat Lotti nicht so ein Problem und lebt in Mehrhundehaltung, aber hier war sie ca. so alt wie deiner, und das war damals ihre Reaktion auf Gruseliges, ich habe für das Video laufen gelassen, normalerweise hätte ich schon beim ersten Wuffen (melden-guck mal!) die Information gegeben, daß das harmlos ist ("alles gut") und sie hätte sich garnicht erst so aufgeregt, man sieht auch, wie sie sich bei Ansprache schnell wieder einkriegt (komplett ausrasten wäre bei ihr Gekreisch
Und dann habe ich mich um den "bösen Topf" gekümmert und ihn ihr gezeigt:
Ein guter Trainer der sich ggf auch mit Deprivation auskennt wäre sicherlich sehr hilfreich, um auch eine innere Überzeugung vom eigenen Handeln zu bekommen, indem man die Vorgänge versteht (und die Handlungsmotivation vom Hund erkennt, nicht jedes Beobachten ist noch "ruhig" z.B) ...wenn man nicht hinter dem steht, was man tut macht es keinen Sinn..und bekanntlich führen viele Wege nach Rom, wenn Frust (oder eine Schilddrüsenproblematik usw) usw noch beim Hund dazukommt erfordert es ggf auch andere Herangehensweisen usw. Das soll und kann keine Ferndiagnose sein, nur eine vielleicht anregende Beschreibung wie ich mit meiner Hündin die Angstaggressionsproblematik angehe.