Kalle und ich fahren in unserer freien Woche für eine Nacht zu meinen Eltern.
Meine Eltern leben in einem Haus, das für Paco völlig ungeignet ist mit seinen Treppen. Deswegen haben wir sie diesen Sommer kaum gesehen und ab September sind sie wieder weg im Süden. Das hat mir schon ein bisschen weh getan.
Sie haben dafür aber volles Verständnis.
Nun kommt in der freien Woche Zuhause Chris Sohn zu Besuch und die Beiden können auf Krümel und Paco aufpassen, während ich mal wieder "Töchting pur" bin.
Also habe ich meine Mam angerufen, die sich sehr gefreut hat und gleich zu meinem Vater ins Wohnzimmer rief, dass Tochter endlich heimkommt.
Dann prasselten die Fragen: Was ich essen möchte und Papa macht sicher meinen heissgeliebten nordisch süss-sauren Tomatensalat. Ob sie für Kalle was einkaufen sollen und ob Flens immer noch mein Lieblingsbier ist
Ist es, seit nunmehr 41 Jahren
Sie sind beide 77, seit 57 Jahren verheiratet und ich bin ihr einziges Kind. Ich weiss, dass unsere Zeit begrenzt ist und ich habe sie so sehr lieb. Ich freue mich riesig auf die Zeit mit ihnen und Kalle hat sicher auch Spass und wird verwöhnt.
Aber ich werde auch froh sein, wenn ich wieder fahre. Wir können trotz aller Liebe nur begrenzte Zeiträume miteinander verbringen Danach knallt es zwischen mir und meinem Vater. Wir sind uns zu ähnlich.
Heute Abend habe ich dann noch mit meinem Freund aus Frankeich telefoniert und wusste nicht, ob ich heulen oder lachen sollte:
Er und sein Lebenspartner vermieten die Gite in Frankreich, die wir demnächst nutzen dürfen.
Die Gite hat maximal 36 Betten und da sie nur noch als Ganzes vermietet wird, wird sie von Gruppen oder grösseren Familien gebucht.
Normalerweise sind die Mieter nett und es entsteht eine herzliche Atmosphäre mit unseren Freunden, die auch da leben. Das ist auch nicht schwer, denn die Beiden sind warmherzige tolerante liebenswerte Personen.
Diesmal hatten sie über 4 Wochen Pech:
Zuerst kamen Baptisten aus Deutschland. Die waren nicht nur religiös durchgeknallt, sondern Nazis, wie sich schnell heraus stellte. Mein Freund versteht deutsch und hat verstanden, was da geredet wurde.
Es muss übel gewesen sein.
Nun ist unser Freund nicht nur schwul (was er selbst mit grössten Bemühungen nicht verbergen könnte, im Gegensatz zu seinem Partner).
Er ist auch Jude, wenn auch nicht religiös und weigerte sich, mit den Leuten zusammenzutreffen, indem er sich fernhielt. Sein Partner übernahm auf niedrigster Flamme.
Beide atmeten tief auf, als sie nach 2 Wochen abreisten und machten einen entsprechenden Vermerk in die Mieterakte: "Nie wieder an die vermieten"
Nachmittags kam die nächste Gruppe.
Eine extrem konservative muslimische Grossfamilie. Männer mit Fusselbärten und Kaftan und verschleierten Frauen. Als erstes wurden die Gebetsteppiche ausgepackt.
Mein Freund blieb weiterhin auf Tauchstation: "Brittydear, die hätten doch sofort gemerkt, dass ich schwul bin. Und die hätten es sicher nicht lustig gefunden.
Deswegen sehe ich auch total blass aus, weil ich 4 Wochen nicht draussen war. Erst die Nazis, dann die radikalen Muslime. Ich bin noch nicht mal zum Friseur gekommen und habe die Pferde getränkt, wenn es dunkel war"
Einerseits war ich erschrocken, andeterseits musste ich lachen, weil er einen sehr trockenen Humor hat und die Gruppen sehr plastisch beschrieben hat.
Ich bin sicher, dass wir an langen Weinabenden noch einiges über die zwei Mietergruppen erfahren werden
@Grinschy: Wenn ich genau weiss, wann ich bei meinen Eltern bin, sage ich Dir Bescheid. Rheinspaziergang?