Wie gehen diese Krampfanfälle vor sich? Wie bei einem epileptischen Anfall? Dann sollte man doch als Hundehalter durchaus sehen, dass dieses Verhalten krankhaft sein muß, oder?
Nicht unbedingt. Ein Collie bei uns aus dem Dorf hatte das auch (und der war ansonsten ein sehr freundliches, auch sehr verschmustes) Tier. Ich hab das nur einmal miterlebt (und musste mich da auch kurz retten), meinen Bruder hat er bei einer anderen Gelegenheit gebissen (der hatte aber eine extrem dicke Jacke an, und darunter noch nen Pullover, also ist nichts schlimmeres passiert als eine fiese Quetschung - da war der Hund noch kein Jahr.)
Der "kippte" einfach innerhalb von einem Sekundenbruchteil, fletschte dich an und legte los - und wenn man dann außer Reichweite hüpfte, blieb er so stehen, Kopf gesenkt, und stierte. Und irgendwann hörte er was, oder ne Katze lief vorbei, oder irgendwas, und es hörte wieder auf.
Das fing wie gesagt mit 10, 11 Monaten an und passierte dann immer wieder mal (vielleicht 2, 3 Mal im Jahr - öfter nicht) und wurde mit dem Alter schlimmer (er wurde immer aggressiver, und die Anfälle dauerten auch länger) - bis er irgendwann ( ich weiß aber nicht mehr, ob deswegen, evtl. wurde er auch angefahren, weil er halt immer frei durch's Dorf lief) eingeschläfert werden musste.
Da war ich allerdings noch ein Teenager, das ist also über 20 Jahre her, und ich glaube, den Betroffenen war nicht ganz klar, dass das ein neurologisches Problem war. Der TA riet zur Kastra wg. "Territorialaggression", die Besitzer wollten nicht - allgemein wurde es für ein Erziehungsproblem gehalten. Bloß meine Mutter war der Ansicht, der Hund sei "nicht ganz richtig im Kopf", und nachdem es mich auch einmal erwischt hatte - und mich mochte er eigentlich sehr gern und hat sich immer gefreut wie Bolle, wenn ich dort vorbeikam - war ich geneigt, ihr zuzustimmen.
Wenn mein Hund plötzlich Anfälle zeigt, dann frage ich vielleicht einen Hundetrainer, aber sicherlich doch auch den TA?!
Naja, aber es sind ja keine "Krampfanälle", es sind einfach Anfälle aggressiven Verhaltens. Wenn das ein Mensch wäre, würde er eben nicht zuckend zusammenbrechen, sondern plötzlich auf den Tisch hauen, losbrüllen und sich auf seinen Nachbarn stürzen.
Und vielleicht haben sie ja auch *deswegen* ihr Heil in Starkzwang und dem ständigen Triezen des Hundes gesucht, weil der von Anfang an verhaltensauffällig war und ihnen vielleicht von den verkehrten Leuten sogar dazu geraten wurde?
Starkzwang und Triezen bei einem Welpen? Also ich weiß nicht....
Ja, ich auch nicht. Man sollte meinen, das wär nicht nötig.
Wie alt war der Hund? 1,5 Jahre oder so?
Und da hat niemand (also speziell kein TA, dort sollte man in 1,5 Jahren ja mal gewesen sein) auch nur ansatzweise die Idee gehabt, dass der Hund vielleicht "nicht normal ist"?
Ich gehe einfach mal davon aus, dass man als Hundehalter dem TA von solchen "austickern" erzählt (ich würd's jedenfalls tun).
Ich kann dir nur sagen, wie es bei uns war - also, bei meinem Hund, nicht dem rasenden Collie. Der hatte diverse Gesundheitsprobleme, die auch als solche erkannt wurden, aber seine
Verhaltensprobleme (die zu mindestens 80 Prozent gesundheitlich bedingt sind) - die wurden für schlichte Erziehungsprobleme gehalten und anfangs auch so angegangen.
Was zu einer ziemlichen Fehleinschätzung des Hundes geführt hat.
Selbst wenn der Hund gesundheitliche Probleme gehabt haben sollte (was sich wohl nicht mehr beweisen lassen wird), dann sehe ich die "Schuld" immer noch bei den Besitzern.
Wenn mein Tier Verhaltensweisen zeigt, die ich mir nicht erklären kann und gerade wenn sowas "aus heiterem Himmel passiert", dann sollte nicht nur der Gang zur HuSchu, sondern auch der Gang zum TA zwingend sein.
Stimmt, aber dafür musst du dann auch erstmal den richtigen finden - und den Nerv haben. Wir haben über 2 Jahre gebraucht, um rauszufinden, warum unser Hund nicht sauber tickt. Sicherlich mehrere 1000 Euro investiert im Laufe der Zeit, in Training, ärztliche Untersuchungen, Medikamente, Therapien usw.
Nicht aufgegeben, was uns aber leichter fiel, weil er in der Regel gegen Menschen nicht aggressiv ist.
Sind aber oft mit "Fehldiagnosen" abgespeist worden, haben 100 Mal gehört "Wenn ein Hund nicht tut, was er soll, liegt es immer am Halter", oder auch "Warum wollen Sie wissen, was der Hund für ne Macke hat, da kann man eh nichts machen.... er wird auch nichts haben, was man sehen könnte, sparen Sie sich das Geld, investieren Sie lieber in seine Erziehung" (von Tierärzten, und ich meine mehreren verschiedenen).
Und wenn der Hund eben 1,5 Jahre alt war, oder sogar erst 14 Monate - dann hatten die Besitzer die Zeit vielleicht gar nicht.
Wenn sie den Hund wirklich in einer Hundeschule angemeldet hatten, hatte ihnen vielleicht gerade jemand klargemacht, dass sie alleine damit überfordert sind. - Aber mit einem wirklich problematischen Hund sind das nach meiner Erfahrung auch die meisten Hundeschulen oder auch Vereine. Man sucht dort Hilfe, und die Leute wollen auch helfen, können es aber nicht.
Aber vielleicht sehe auch nur ich das so *seufz*
Ganz sicher nicht!
Aber um zu wissen, dass zB Aggressionsausbrüche eine Krankheit sein können, muss man ein bestimmtes Hintergrundwissen haben. Und wo das nicht vorhanden ist...
Anderers Beispiel aus dem wirklichen Leben:
Kinder aus ungebildeten Elternhäusern sind "schlecht in der Schule" oder "faul" oder haben "ADHS".
Kinder aus gebildeten Elternhäusern haben "Legasthenie" oder sind "unverstandene Hochbegabte" - verstehst du, was ich meine?