„Genereller Leinenzwang ist fatale Sache“
Osterholz/Niedersachsen, 16.4.02
Den Unmut des Tierschutzvereins und vieler Hundehalter hat sich die Jägerschaft Osterholz zugezogen. Deren Vorsitzender Torsten Wischhusen hatte in einer Mitteilung zur Brut- und Setzzeit an die Halter appelliert, ihre Hunde im Wald und in der freien Landschaft (also außerhalb der geschlossenen, zusammenhängenden Bebauung) nicht nur vom 1. April bis 15. Juli an die Leine zu nehmen, sondern auch das übrige Jahr hindurch.
Für Agnes Hillmer vom Tierschutzverein OHZ und Beatrix Such vom Verein „Hunde helfen Menschen“ ist dieser Appell ein Aufruf zum Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. „Gemäß Paragraph 2 darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden, dass diesem vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden“, führen sie an. Werde der Hund immer nur an der Leine geführt, würde man seinen ausgeprägten Bewegungsdrang unterdrücken. „Die Hunde suchen dann nach anderen Verhaltensstrategien, zerstören zum Beispiel die Wohnungseinrichtung oder entwickeln andere zwanghafte Verhaltensweisen.“ Stets angeleinte Hunde seien angespannter, einige würden aggressiv.
„Genereller Leinenzwang ist für die Hunde eine fatale Sache“, sagt auch Tierärztin Dr. Veronika Kaplan, die in der Ritterhuder Hundeschule Verhaltenstherapie betreibt. Hunde seien Rudel- und Lauftiere. „Das heißt, sie müssen Gelegenheit haben, Sozialkontakte mit anderen Hunden zu pflegen, am Wegesrand herumzuschnüffeln oder sich ausgiebig im Gras zu wälzen.“
Forstoberinspektor Heiko Ehing, der auch Kreisjägermeister ist, sieht das Problem. „In stark bebauten Ortschaften gibt es nicht immer die Möglichkeiten, seinen Hund frei herumtollen zu lassen.“ Wichtig sei aber, dass der außerhalb der Brut- und Setzzeit in Wald und Feld von der Leine gelassene Hund von seinem Halter stets „abrufbar“ ist. Laut Niedersächsischem Jagdgesetz nämlich müssen Hunde „innerhalb der Einwirkung einer für sie verantwortlichen Person“ stehen. Damit soll zum Beispiel verhindert werden, dass sie Rehe auf die Fahrbahn hetzen oder gar wildern. Einwirkung oder Aufsicht aber bedeute nicht automatisch Leinenzwang. Ausnahme: die Gemeinde Schwanewede. Hier gibt es laut Ehing einen ganzjährigen Leinenzwang in Wald und Feld. Für die übrigen Gebiete im Landkreis meint er: „Wenn der Hund zwar 100 Meter weit weg ist, aber auf Pfiff stehenbleibt, wäre das schon in Ordnung.“
Gehorcht der Hund nicht, kann es für ihn gefährlich werden. Laut Gesetz sind die Jäger befugt, wildernde Hunde zu töten, die nicht unter eben jener „Einwirkung“ stehen. Ehing: „Die Jäger müssen den Hund allerdings auf frischer Tat ertappen. Und auch dann greifen extrem wenige zum Gewehr. Stattdessen wird der Halter auf das Verhalten seines Hundes aufmerksam gemacht.“
Um den Jagdtrieb in den Griff zu bekommen, empfiehlt Agnes Hillmer, die Hunde schon als Welpen mit „Jagdtieren“ wie Kaninchen oder Schafen zu sozialisieren. Auch durch intensives Training in Hundeschulen könne dem Jagdproblem vorgebeugt werden. Abstriche, so Tierärztin Kaplan, müssten hierbei jedoch bei Rassen mit extremem Jagdtrieb gemacht werden. „Bei Dackeln, Terriern und Beagles zum Beispiel ist der nur schwer herauszukriegen. Diese Hunde sollten dann im Wald lieber an die Schleppleine, die einen gewissen Bewegungsradius gewährt.“
Dass sie in der Brut- und Setzzeit ihre Hunde Bonny und Linus an die Leine nehmen, ist für Agnes Hillmer und Beatrix Such selbstverständlich. „Wir sind ja Tierfreunde und möchten verhindern, dass Vögel von ihrem Gelege aufgescheucht und Muttertiere von ihren Rehkitzen verscheucht werden.“ Dennoch bleibe auch in dieser empfindlichen Zeit der Bedarf der Hunde nach Bewegung. „Es wäre eine Hilfe, wenn man Gebiete ausschildern könnte, wo Hunde auch in der Brut- und Setzzeit frei herumlaufen dürfen, ohne dass Vögel und Wild gestört werden“, wünschen sich Hillmer und Such. „Wir würden uns dazu gerne mit allen Beteiligten an einen Tisch setzen.“Heiko Ehing sieht hier wenig Spielraum: „Die Gesetzeslage lässt es nicht zu, Gebiete in Wald und Feld während der Brut- und Setzzeit freizugeben.“ Zu Gesprächen, die für die übrige Zeit das Miteinander von Jägern und Hundehaltern erleichtern, wäre er aber jederzeit bereit.
oder
Osterholz/Niedersachsen, 16.4.02
Den Unmut des Tierschutzvereins und vieler Hundehalter hat sich die Jägerschaft Osterholz zugezogen. Deren Vorsitzender Torsten Wischhusen hatte in einer Mitteilung zur Brut- und Setzzeit an die Halter appelliert, ihre Hunde im Wald und in der freien Landschaft (also außerhalb der geschlossenen, zusammenhängenden Bebauung) nicht nur vom 1. April bis 15. Juli an die Leine zu nehmen, sondern auch das übrige Jahr hindurch.
Für Agnes Hillmer vom Tierschutzverein OHZ und Beatrix Such vom Verein „Hunde helfen Menschen“ ist dieser Appell ein Aufruf zum Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. „Gemäß Paragraph 2 darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden, dass diesem vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden“, führen sie an. Werde der Hund immer nur an der Leine geführt, würde man seinen ausgeprägten Bewegungsdrang unterdrücken. „Die Hunde suchen dann nach anderen Verhaltensstrategien, zerstören zum Beispiel die Wohnungseinrichtung oder entwickeln andere zwanghafte Verhaltensweisen.“ Stets angeleinte Hunde seien angespannter, einige würden aggressiv.
„Genereller Leinenzwang ist für die Hunde eine fatale Sache“, sagt auch Tierärztin Dr. Veronika Kaplan, die in der Ritterhuder Hundeschule Verhaltenstherapie betreibt. Hunde seien Rudel- und Lauftiere. „Das heißt, sie müssen Gelegenheit haben, Sozialkontakte mit anderen Hunden zu pflegen, am Wegesrand herumzuschnüffeln oder sich ausgiebig im Gras zu wälzen.“
Forstoberinspektor Heiko Ehing, der auch Kreisjägermeister ist, sieht das Problem. „In stark bebauten Ortschaften gibt es nicht immer die Möglichkeiten, seinen Hund frei herumtollen zu lassen.“ Wichtig sei aber, dass der außerhalb der Brut- und Setzzeit in Wald und Feld von der Leine gelassene Hund von seinem Halter stets „abrufbar“ ist. Laut Niedersächsischem Jagdgesetz nämlich müssen Hunde „innerhalb der Einwirkung einer für sie verantwortlichen Person“ stehen. Damit soll zum Beispiel verhindert werden, dass sie Rehe auf die Fahrbahn hetzen oder gar wildern. Einwirkung oder Aufsicht aber bedeute nicht automatisch Leinenzwang. Ausnahme: die Gemeinde Schwanewede. Hier gibt es laut Ehing einen ganzjährigen Leinenzwang in Wald und Feld. Für die übrigen Gebiete im Landkreis meint er: „Wenn der Hund zwar 100 Meter weit weg ist, aber auf Pfiff stehenbleibt, wäre das schon in Ordnung.“
Gehorcht der Hund nicht, kann es für ihn gefährlich werden. Laut Gesetz sind die Jäger befugt, wildernde Hunde zu töten, die nicht unter eben jener „Einwirkung“ stehen. Ehing: „Die Jäger müssen den Hund allerdings auf frischer Tat ertappen. Und auch dann greifen extrem wenige zum Gewehr. Stattdessen wird der Halter auf das Verhalten seines Hundes aufmerksam gemacht.“
Um den Jagdtrieb in den Griff zu bekommen, empfiehlt Agnes Hillmer, die Hunde schon als Welpen mit „Jagdtieren“ wie Kaninchen oder Schafen zu sozialisieren. Auch durch intensives Training in Hundeschulen könne dem Jagdproblem vorgebeugt werden. Abstriche, so Tierärztin Kaplan, müssten hierbei jedoch bei Rassen mit extremem Jagdtrieb gemacht werden. „Bei Dackeln, Terriern und Beagles zum Beispiel ist der nur schwer herauszukriegen. Diese Hunde sollten dann im Wald lieber an die Schleppleine, die einen gewissen Bewegungsradius gewährt.“
Dass sie in der Brut- und Setzzeit ihre Hunde Bonny und Linus an die Leine nehmen, ist für Agnes Hillmer und Beatrix Such selbstverständlich. „Wir sind ja Tierfreunde und möchten verhindern, dass Vögel von ihrem Gelege aufgescheucht und Muttertiere von ihren Rehkitzen verscheucht werden.“ Dennoch bleibe auch in dieser empfindlichen Zeit der Bedarf der Hunde nach Bewegung. „Es wäre eine Hilfe, wenn man Gebiete ausschildern könnte, wo Hunde auch in der Brut- und Setzzeit frei herumlaufen dürfen, ohne dass Vögel und Wild gestört werden“, wünschen sich Hillmer und Such. „Wir würden uns dazu gerne mit allen Beteiligten an einen Tisch setzen.“Heiko Ehing sieht hier wenig Spielraum: „Die Gesetzeslage lässt es nicht zu, Gebiete in Wald und Feld während der Brut- und Setzzeit freizugeben.“ Zu Gesprächen, die für die übrige Zeit das Miteinander von Jägern und Hundehaltern erleichtern, wäre er aber jederzeit bereit.
oder