Mühlhausen. Rettungswagen, Feuerwehr und Polizei füllen Dienstagmittag gegen halb eins die Mühlhäuser Lassallestraße. Aus einem roten Backsteinhaus kommen Sanitäter mit einer Trage. Die Frau, die darauf liegt, ist schwer verletzt, hat Blut im Gesicht. Eine Viertelstunde lang wird sie im Rettungswagen ärztlich versorgt. Dann fährt der Wagen mit Martinshorn davon.
Die Situation und der Lärm haben Anwohner auf die Straße getrieben. Ein Schuss soll gefallen sein, heißt es. Auch die Tierrettung der Feuerwehr ist mit einem Fahrzeug vorgefahren. Es wird unter den Nachbarn darüber spekuliert, ob es um die beiden Hunde geht, einen kleinen und einen großen, die auch in dem Haus leben.
Schwiegermutter alarmierte die Polizei
Am Dienstagnachmittag bestätigt der Sprecher der Landespolizeiinspektion in Nordhausen, Thomas Soszynski, dass die Frau von ihrem eigenen Hund angegriffen und dabei schwer verletzt wurde. Die 76-jährige Schwiegermutter des Opfers, die ebenfalls mit in dem Haus wohnt, habe die Polizei alarmiert.
Einsatzleiter André Thon von der Mühlhäuser Feuerwehr schildert die Situation: Die Feuerwehrleute seien zur Öffnung der Tür gerufen worden, auch die Tierrettung wurde angefordert. Eine verletzte Frau habe sich im Wohnzimmer der Wohnung in der dritten Etage befunden, hinter einer Tür. Dort habe ein Hund neben der Frau gesessen. Ein weiterer kleinerer Hund sei in ein Nachbarzimmer gesperrt worden.
Den Rettungskräften sei es nicht möglich gewesen, das Opfer vor Ort zu versorgen, weil der größere Hund auch die Retter immer wieder angegriffen habe. Mit Stöcken konnten die Feuerwehrleute den Hund von der Frau trennen, sagt die Polizei.
Um einen Angriff abzuwehren, habe ein Polizist mit seiner Dienstwaffe einen Schuss auf den Hund abgegeben und den Rücken des Tieres getroffen. Der Hund habe sich daraufhin versteckt. Nur so sei es überhaupt möglich gewesen, die 46 Jahre alte Frau aus der Wohnung zu holen und zu versorgen. Schließlich sei die Drehleiter angerückt, weil die Polizei über das Fenster nachsehen wollten, wo sich der Hund befindet, der offenbar immer noch eine Gefahr darstellte. Das blieb erfolglos.
Die Wohnung musste erneut betreten werden. Schließlich gingen ein Feuerwehrmann mit schwerer Montur, eigentlich für den Einsatz bei Bränden gedacht, in das Wohnzimmer zurück, gefolgt von einem Polizisten mit gezückter Waffe, so die Schilderung der Einsatzkräfte. Laut Polizei griff der verletzte Stafford-Terrier-Rüde die Feuerwehrleute und Polizisten erneut an. Um 13.34 fielen kurz hintereinander fünf Schüsse, die den Hund töteten. Laut Feuerwehr-Einsatzleiter Thon soll sich der Hund hinter der Couch versteckt haben, was es wohl schwierig machte, einen einzigen gezielten Schuss abzugeben.
Eine Nachbarin, die den Einsatz teilweise mitverfolgte, sagt, die Frau sei öfter mit ihren beiden Hunden in dem Viertel spazieren gegangen. Der Mann der Frau sei offenbar auf Montage.
Die Kriminalpolizei in Nordhausen hat die Ermittlungen aufgenommen. Am späten Nachmittag hat ein Team der Krisenintervention die Betreuung der Angehörigen übernommen. Polizisten und Feuerwehrleute seien bei dem dramatischen Einsatz nicht verletzt worden.
Bis Mitte November wurden dieses Jahr laut Mühlhäuser Stadtverwaltung in der Kreisstadt sechs Menschen von Hunden gebissen. Bis zu den tragischen Ereignissen am Dienstag habe es sich in keinem Fall um einen Biss eines sogenannten Kampfhunds nach Thüringer Rasseliste gehandelt. Der American Staffordshire-Terrier ist danach als gefährlich eingestuft.