FDP fordert Sachlichkeit in HVO-Diskussion!!

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Pressemitteilung

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09.10.2000 / Heiner Garg: „Zurück zur Sachlichkeit“ - F.D.P. fordert Rückkehr zur alten Hundeverordnun

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Nr. 219/2000
Kiel, Montag, 9. Oktober 2000

Innenpolitik/Gefahrhundeverordnung

Heiner Garg: „Zurück zur Sachlichkeit“

- F.D.P. fordert Rückkehr zur alten Hundeverordnung -

„Das Thema gefährliche Hunde beschäftigt die Politik nicht erst seit dem tragischen Tod des sechsjährigen Jungen in Hamburg. Die
jeweils zuständigen Minister der Länder überbieten sich gegenseitig und erlassen eiligst Verordnungen, die ein für alle Mal diesen
‚Monstern‘ den Gar aus machen sollen.

Die verständliche Angst vieler Menschen vor gefährlichen Hunden wird genutzt, um werbewirksame, populistische Schnellschüsse auf den
Weg zu bringen. Der Bevölkerung wird ein Mehr an Sicherheit vorgegaukelt – in Wahrheit sollen bisherige Vollzugsdefizite verdeckt
werden.

Der zuständigen Behörde in Hamburg war bekannt, dass der American Staffordshire Terrier auf einem Kinderspielplatz dressiert und
abgerichtet wurde – mit dem Ziel Menschen und andere Tiere tödlich zu verletzen.
Es war bekannt, dass dem Tier hierzu sogar Kokain gespritzt wurde, um die Aggression noch zu steigern. Ebenfalls war bekannt, dass
gegen den auferlegten Maulkorb- und Leinenzwang permanent verstoßen wurde.

Statt Krokodilstränen zu vergießen, hätte sich die zuständige Senatorin, Karin Roth, mit der damals geltenden Rechtslage
auseinandersetzen sollen. Dann hätte ihr auffallen müssen, dass dem kriminellen Halter der Hund längst hätte entzogen werden müssen –
und dieses ausschließlich auf gesteigerte Aggressivität ausgebildete Tier hätte eingeschläfert werden können. Gegen die zuständige
Ordnungsbehörde wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Vollzugsdefizite geltenden Rechts bekämpft man nicht mit dem Erlass neuer, vermeintlich schärferer Verordnungen oder Gesetze – deren
Vollzug wiederum nicht gewährleistet werden kann.

All das interessierte ganz offensichtlich auch den schleswig-holsteinischen Innenminister nicht.

Ebenso wenig wie er die Ergebnisse einer Expertenanhörung vor dem Innen- und Rechtsausschuss des Schleswig-Holsteinischen
Landtages (19. Mai 1999, APr. IuR 14/8:cool: bei der Formulierung seiner Gefahr-Hunde-Verordnung berücksichtigte, flossen die Urteile des
Verwaltungsgerichtshofes Mannheim vom 26.04.99, Az. 1 S 2214/98 (NVwZ 1999, S. 1016-1019) sowie vom 18.08.1992, 1 S 2550/91
(NVwZ 1992, S. 1105-1110), des Oberverwaltungsgerichts Bremen, vom 06.10.1992 (DÖV 1993, S. 576 – 57:cool: sowie des
Verwaltungsgerichts Hamburg, vom 24.11.1992, 17 VG 2854/92 in den Entscheidungsfindungsprozess des schleswig-holsteinischen
Innenministeriums ein. (Vgl. auch Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage vom 13.07.00, Drucksache 15/271).

Kernpunkt ist hier die mehr oder weniger zufällige Auswahl (‚Rasseliste‘) bestimmter Hundearten und deren Deklaration zu ‚gefährlichen‘
Hunden. Von Fachleuten seit jeher abgelehnt, weil angeborene rassespezifisch erhöhte Aggressivität nicht nur äußerst selten ist, sondern
sich immer auf bestimmte Zuchtlinien niemals aber auf ganze Rassen beschränkt, ist der Umgang mit dieser nun auch in
Schleswig-Holstein eingeführten Rasseliste außerordentlich problematisch:

1. Selbst Fachleute haben größte Schwierigkeiten, bestimmte Kreuzungen der genannten Rassen überhaupt zu identifizieren. Wie das
dann den zuständigen Ordnungsbehörden gelingen soll, wird das Geheimnis der Verfasser dieser Listen bleiben.

2. Da keine Statistiken geführt werden, wie viele Beißvorfälle es mit welchen Hunden (Hunderassen) gab bzw. gibt, kann überhaupt keine
Aussage über die relative Häufigkeit der Vorfälle mit bestimmten – als besonders gefährlich bezeichneten – Rassen getroffen werden. (Vgl.
hierzu auch Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage vom 07.07.00, Drucksache 15/247).

Notwendig wäre daher die Anzahl der Unfälle bezogen auf die Gesamtzahl der jeweils gehaltenen Tiere einer Rasse. Derzeit existiert
jedoch lediglich die veraltete Beißstatistik des Deutschen Städtetages bei der naturgemäß der Mischling vor dem Deutschen Schäferhund
führt, da hier lediglich die Gesamtzahl erfasst wurde.

3. Länder in denen Rasselisten eingeführt wurden (z.B. Frankreich und Spanien) müssen diese permanent erweitern, da jene kriminellen
‚Halter‘ und ‚Vermehrer‘ deren Ziel es ist, Hunde durch Aggressionszucht und –dressur als Waffen gegen Menschen und andere Tiere zu
missbrauchen, längst auf andere Rassen zurückgreifen. So ist derzeit in Frankreich der Riesenschnauzer ‚Kampfhund Nummer 1‘. In
Spanien wurden Wölfe in Zuchtlinien des Rottweilers, des Dobermanns und des Deutschen Schäferhundes eingekreuzt.

Die lapidare Erklärung des Innenministeriums, man könne diese Liste beliebig erweitern, stellt keinesfalls eine adäquate Lösung des
Problems dar, wie Menschen und Tiere vor Menschen geschützt werden, die Hunde als Waffen einsetzen.

Es genügt nicht, im Tierschutzgesetz Aggressionszucht und –dressur zu verbieten. Beides muss künftig als Straftatbestand verfolgt und
geahndet werden.

Die derzeit bestehenden Gesetzeslücken im Hinblick auf Zucht, Haltung, Import und Handel mit Hunden werden nicht durch
Diskriminierung mehr oder weniger willkürlich ausgewählter Rassen geschlossen, sondern durch ein lange überfälliges
Heimtierzuchtgesetz.
Hier sind auch Regelungen zu verankern, die den Nachweis der Sachkunde des Züchters zwingend vorschreiben.

Um es unmissverständlich zu sagen:

Es geht um den Schutz von Menschen vor gefährlichen Hunden.

Diesen erreicht man aber nicht durch kernige Sprüche und Verordnungen, die das Problem krimineller Halter weitgehend ausblenden. Kein
Hund züchtet oder erzieht sich selbst zur Kampfmaschine. Dies geschieht völlig unabhängig von der jeweiligen Hunderasse – und zwar
durch den Menschen.

Der Deutsche Schäferhund, der Boxer, der Rottweiler oder der Dobermann können ebenso zu gefährlichen Waffen werden, wie American
Staffordshire Terrier oder Pitbulls. Es geht hier nicht um Geschmacksfragen oder um die Frage, warum die ein oder andere Rasse
unbedingt gehalten oder erhalten werden muss.

Noch einmal: Es geht ausschließlich darum, Menschen zu schützen – und zwar vor allen gefährlichen Hunden – auch vor bissigen
Settern, Pudeln oder Dackeln.

Und es geht darum, ein Klima zu schaffen, das das friedliche Miteinander oder auch nebeneinander von Nicht-Hundehaltern und
Hundehaltern ermöglicht. Und hier steht die Politik ganz besonders in der Pflicht.

Es ist aus meiner Sicht völlig inakzeptabel und unverständlich, dass der Innenminister dieses Landes sich niemals öffentlich zu den
Übergriffen auf Hundehalter und deren Tiere geäußert hat.

Kein Wort des Bedauerns. Kein Wort dazu, dass diese Formen der Selbstjustiz in einem Rechtsstaat nicht hingenommen werden
können.


Vor diesem Hintergrund beantragt die F.D.P.-Fraktion zur kommenden Landtagssitzung:

1. die derzeit geltende – rechtlich fragwürdige – Gefahrhunde-Verordnung außer Kraft zu setzen, bevor – wie z.B. in Hessen Teile der
Verordnung gerichtlich ausgesetzt werden

2. die bis zum Sommer 2000 geltende Verordnung über das Halten und Beaufsichtigen von Hunden wieder in Kraft zu setzen, wenigstens
solange, bis ein sinnvolles Gesetz zur Abwehr der von Hunden ausgehenden Gefahren verabschiedet wurde.

3. eine Bundesratsinitiative auf Erlass eines Heimtierzuchtgesetzes – das die vorhandenen Gesetzeslücken hinsichtlich Zucht, Haltung,
Import und Handel mit Hunden schließen soll sowie Regelungen zum Sachkundenachweis für Züchter enthält

und

4. die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene für die Verpflichtung von Hundehaltern auf Abschluss einer
Haftpflichtversicherung für Hunde einzusetzen.

Letzteres sollte zwar für jeden verantwortungsvollen Halter selbstverständlich sein – ist es aber derzeit nicht.

Ziel soll es sein, dass in Zukunft Hunde nur angeschafft und gehalten werden dürfen, wenn zuvor der Abschluss einer entsprechenden
Haftpflichtversicherung nachgewiesen werden kann.


Darüber hinaus halte ich es für unerlässlich:

1. dass bereits die Zucht und Dressur von Hunden – gleich welcher Rasse - zu gesteigerter Aggressivität mit dem Ziel Menschen und/oder
andere Tiere anzugreifen, zu verletzten oder sogar zu töten, künftig als Straftatbestand zu verfolgen und zu ahnden ist. Notwendig wäre
hier eine entsprechende Änderung des Strafgesetzbuches;

2. die Identität jedes Hundes in Zukunft zweifelsfrei feststellen zu können und zwar mittels Markierung durch einen Chip, der auch aus
einigen Metern Entfernung mit entsprechenden Geräten lesbar ist;

3. dass mit der Anmeldung des Hundes (‚Hundesteuerstelle‘) auch die Rasse erfasst wird, damit zukünftig aussagefähiges Datenmaterial
zum Bestand der einzelnen Hunderassen bzw. Kreuzungen in Schleswig-Holstein vorliegt. Nur so lässt sich die relative Häufigkeit von
Beißvorfällen mit bestimmten Rassen ermitteln – sofern dies politisch überhaupt gewünscht ist

und schließlich

4. Mehrkosten, die dem Tierschutz durch vermehrte Aufnahme und besondere ‚Verwahrung‘ sogenannter Kampfhunde in Folge der derzeit
geltenden Verordnung entstanden sind, hat konsequenterweise das Land zu tragen.

Alle Beteiligten sind jetzt gefordert, endlich wieder eine sachliche Diskussion zu führen. Andernfalls droht das geplante Gesetz zur
Abwehr der von Hunden ausgehenden Gefahren ein ähnlich populistisches, von wenig Sachkunde geprägtes, kaum vollziehbares und
rechtlich zweifelhaftes Werk zu werden, wie die derzeit geltende Gefahrhunde-Verordnung. Damit wäre niemandem geholfen – am
wenigsten jenen, die wir schützen wollen.“
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Christian Albrecht
- Pressesprecher -
V.i.S.d.P.
F.D.P.-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag
Landeshaus
24100 Kiel
FON: 0431/ 988-1488
FAX: 0431/ 9881497
E-Mail: [email protected]
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