Mache dich nicht verrückt, der Test ist für jeden gut sozialisierten Hund zu schaffen.
Selbst eine Dominanzaggression z.B. gegen gleichgeschlechtliche Artgenossen zeichnet noch nicht die gesetzlich vermutete "Kampfhundeeigenschaft" (gesteigert/ aggressiv). Ebenso wenig ist ein Hund gleich gesteigert/aggressiv, wenn er sich z.B. nicht anfassen lässt oder wenn er den Gutachter hinter dem Gartenzaun anbellt.
dazu auch Breitsamers Ausführungen, die in die Begutachtung fest eingeflossen sind:
a) "Nicht aggressiv und nicht gefährlich" sind Hunde, die gegenüber Menschen und Tieren gutartig reagieren, nicht anspringen, nicht wildern, nicht raufen, sich eher ergeben oder ausweichen, wenn sie selbst angegriffen werden und auch sonst keine Sicherheitsstörungen verursachen.
b) "Normal aggressiv" sind Hunde, die sich im Grunde wie unter a) beschrieben verhalten und nur bei Angriffsattacken gegen den Führer und / oder eigenes Territorium oder sich selbst wehrhaft verteidigen, aber sofort ablassen, wenn der Angriff beendet ist oder wenn das Ablassen befehligt wird.
c) "Gesteigert/aggressiv und gefährlich" im verwaltungs- u. sicherheitsrechtlichen Sinne sind Hunde, die permanent jede sich bietende Gelegenheit wahrnehmen, um zu raufen und/oder zu wildern und/oder nahezu bei jeder Belastungs-, Stress- oder Reizsituation Menschen und/oder Tiere attackieren und dabei den Gehorsam verweigern.
"Gesteigert/aggressiv" gemäß Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshof vom 12.10.1992:
Als gesteigert/aggressiv können, wie aus dem Schutzzweck der Vorschrift in Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des Gesetzes über "Kampfhunde" abzuleiten ist, Hunde bezeichnet werden, bei denen die Reizschwelle und damit die Angriffshemmung (Beißhemmung) besonders niedrig ist, die also gewissermaßen "grundlos", jedenfalls ohne besondere Veranlassung, Menschen oder Tiere angreifen. Es handelt sich um ein Wesensmerkmal von Hunden, das nach fachlichen Äußerungen
tatsächlich feststellbar ist.
So bezeichnet der Verband für das Dt. Hundewesen e.V. (VDH) Hunde als besonders aggressiv und daher gefährlich, die sozial unverträglich sind und deren Beißhemmung nur gering ist.
Gesteigert/aggressiv ist ein Hund, der sich undifferenziert aggressiv verhalte und angreife, ohne bedroht zu sein oder sich so zu fühlen
(Dokumentation des VDH zur Sache "Kampfhunde", Dez. 1991). Die gesteigerte Aggressivität ist ohne weiteres feststellbar (vergl. Prof.Dr. Feddersen-Petersen, "Hundepsychologie" 1986, S. 78 ff. und Prof.Dr. Wegner, "Die Haltung von Kampfhunden", Dt.Tierärztliche Wochenschrift 1990, S. 168 ff.)".
Der Test besteht aus 2 Teilen, der Testverlauf ist gesetzlich vorgeschrieben und immer ähnlich, variiert aber dennoch von Prüfer zu Prüfer oder den örtlichen Gegebenheiten.
Teil I: Befragung
Dem Hundehalter werden Fragen zum eigenen Hund (Name; Geburtsdatum, Halterdaten, Rasse, Identifizierung etc.) gestellt. Hier sind keine fachkynologischen Fragen gemeint, sondern Fragen über die Haltungsbedingungen (Wohnung, Garten, Zwinger etc), die Anschaffungsgründe (Familienhund, Wach- oder Schutzhund etc.), vorgekommene Sicherheitsstörungen (Beissereien, Unfälle, ect.) Außerdem wird erfragt, wer mit dem Hund Gassi geht, ob es noch andere Haustiere gibt, insbesondere Zweit- oder Dritthunde, Verhalten gegenüber Wild- und Federvieh. Verhalten bei Begegnungen mit Erwachsenen und Kindern, anderen Hunden, dem Straßenverkehr und anderen Umwelteinflüssen.
Teil II: Überprüfungsrundgang
Beim Überprüfungsrundgang werden folgende Situationen geprüft:
Verhalten in der Wohnung. Lässt der Hund Besucher ein? Wie verhält er sich? Ist er territorial aggressiv? Der Hund muss sich nicht über Besucher freuen, er darf aber auf keinen Fall Besucher durch Aggressionsverhalten aus der Wohnung vertreiben.
Grundgehorsam (Sitz, Platz und Herankommen bei Abruf mit und ohne Ablenkung sowie Leinenführigkeit). Eine “blitzsaubere” Unterordnung ist nicht erforderlich. Ich möchte sehen, ob der Halter auf seinen an- und abgeleinten Hund einwirken kann.
Begegnungen mit Joggern, Radfahrern, laufenden Kindern und ängstlichen Personen. Der Hund muss sich nicht von jedem anfassen lassen, darf aber auch nicht wehrtrieblich reagieren, wenn ihm der Halter dies untersagt hat.
Verhalten gegenüber einer Person, welche auf den Hundehalter zuläuft, aber KEINEN Angriff auf diesen ausübt. Der Hund darf hier kein Angriffsverhalten zeigen.
Beutespiele. Beim Beutewerfspiel muss der Hund seine Beute (Ball) zumindest an seinen Halter abgeben. Beim Beutezerrspiel möchte ich sehen, ob sich der Hund in höchster Motivationslage in das Spiel “hineinsteigert” und dann eventuell zu Übersprungshandlungen neigt. Der Halter muss in der Lage sein, dem Hund per Kommando oder körperlicher Abnahme die Beute jederzeit abnehmen zu können.
Verhalten des Hundes in Personengruppen. Mehrere Personen stehen in einer kleineren Gruppe zusammen. Der Hundeführer soll nun seinen Hund durch die Personen hindurchführen. Die Personen fassen den Hund nicht an, gehen aber auch nicht zur Seite.
Reaktion des Hundes, wenn er von mir Leckerlis angeboten bekommt oder angefasst wird. Ist es möglich die Ohren und Zähne anzusehen? Wie reagiert der Hund bei Blickfixierung? Vereinsamung des Hundes. Hierfür wird der Hund angebunden (wie etwa vor einem Geschäft) und der Halter entfernt sich außer Sichtweite des Hundes. Nach ein paar Minuten nähere ich mich dem Hund und spreche diesen an. Hier möchte ich sehen, ob der Hund ohne Hundehalter zu Angst- oder Territorialaggression neigt.
Wichtiges zum Wesenstest
1. Auf Wunsch wird der Hund auch nur angeleint überprüft. Allerdings wird dann im Gutachten die Empfehlung ausgesprochen, für den Hund auch einen Leinenpflicht zu verhängen, da die Reaktionen freifolgend ja nicht überprüft werden konnten. Die Leinenpflicht kann aber wieder aufgehoben werden, wenn die Halter nachträglich nachweist, dass er auf seinen abgeleinten Hund hinreichend einwirken kann. Z.B. nach Besuch einer Hundeschule.
2. Gleichgeschlechtliche Unverträglichkeiten sind als normales Verhalten unter Caniden anzusehen, sofern diese nicht ausarten. Der Hundehalter muss seinen Hund psychisch und physisch führen und auf diesen einwirken können.
3. Der Hundehalter darf in jeder Prüfungssituation bei seinem Hund sein und auf diesen einwirken (außer kurzfristig bei der Vereinsamung.)
4. Der Hundehalter darf selbstverständlich die Prüfung auf Video aufzeichnen oder diese von mir aufzeichnen lassen. Auch kann der Halter gerne eine zweite Person zur Überprüfung mitbringen.
5. Tierschutzwidrige Halsungen sind nicht gestattet (kein Ferntrainer oder Stachelhalsungen. Krallenhalsbänder sind erlaubt.) Ebenso dürfen die Hunde nicht medikamentös ruhig gestellt werden. (Gibt`s auch...)
6. Reagiert der Hund in einzelnen Situationen nicht wie erforderlich, hat der Sachverständige auch die Möglichkeit der zuständigen Behörde bestimmte Einzelfallmaßnahmen zu empfehlen (anordnen kann er gar nichts). Als mögliche Beispiele wäre: Leinen- oder/und Maulkorbpflicht, Besuch einer Hundeschule, nur bestimmte Personen, welche den Hund führen dürfen, etc... Eine Kastration kann nicht empfohlen werden. Der Hund erhält so trotzdem die Befreiung von der Erlaubnispflicht, also ein Negativzeugnis, der Halter muss aber bestimmte Auflagen beachten.