Leider ist sowas keine Seltenheit. Also ich gebe zu, dieser Fall ist ganz besonders bitter, aber in unserem Land zählt eben ganz nicht was praktikabel ist, sondern es gibt eben Vorschriften und irgendwelche Verträge und an die hält man sich, selbst wenn es teurer kommt.
Ich habe in meiner Familie einen Fall, der nicht ganz so weitreichend, aber doch auch recht wahnwitzig ist. Ein Mädchen, das gerade in der 12. Klasse ist, hat schwere Bulimie. Seit Jahren. Vor einigen Monaten hat sie sich ihren Eltern und Lehrern anvertraut und besucht orstnah eine professionell betreute Selbsthilfegruppe, die aber noch nicht viel Effekt zeigt. Das Mädchen MÖCHTE Hilfe, um die Krankheit zu besiegen, schafft es aber im häuslichen Umfeld allein nicht. Sie hat im nächsten Jahr in Abitur vor der Brust, das ihr sehr wichtig ist und sie ist eine sehr gute Schülerin. Sie braucht einen 1er-NC, um ihr Wunschstudienfach zu erreichen.
Man hatte sich alles schön ausgemalt: Es gibt eine Klinik etwa 1 Stunde entfernt, die eine Intensiv-Kurzzeittherapie anbieten, mit enorm hoher Erfolgsquote. Viel höher als die meisten anderen Kliniken (über 80% nach 2 Jahren sind für Essstörungen enorm gut).
Die Kosten belaufen sich durch den kurzen Aufenthalt (4 Wochen, dafür mit sehr dichter Betreuung) auf eine Summe, die auch deutlich unter der Summe der anderen Klniken sind, die aunahmslos Aufenthalte von 3-6 Monaten angeben. 4 Wochen hätten hervorragend in die Sommerferien gepasst, die jetzt angelaufen sind. Es gab in der Klinik ein Diagnostik- und Anamnesegespräch (Das die Eltern privat gezahlt haben). Es gab einen freien Platz, das Mädel hätte genau zu Beginn der Somerferien kommen können und hätte so nichts von der Schule verpasst.
Ja die KK hat dies abgelehnt. Es handelt sich um eine Privatklinik, die keinen Vertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen hat. Sehr wohl wäre der Kasse eine Kostenübernahme im Zuge einer Einzelfallentscheidung möglich gewesen (andere Kassen hatten durchaus schon so entschieden), diese Kasse ist aber absolut unzugänglich. Sie schickte dem Mädel eine Liste mit Vertragskliniken. ALLE hatten Wartelisten von mindestens 6 Monaten oder konnten gar nicht vorhersagen, wann ein Platz frei würde. Alle gaben die Aufenthaltsdauer mit "mindestens 3-6 Monaten an", was vollkommen mit dem Abitur und der weiteren Lebensplanung des Mädchen kollidiert. Die Veranschlagten Kosten liegen 2 bis 4 mal so hoch, wie für die Kurzzeittherapie. Aber das Gesundheitssystem ist ja soooo gebeutelt...
Die Familie hat geklagt, das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kasse wäre aus Kulanz eine Kostenübernahme möglich, zwingen kann man sie dazu jedoch nicht, egal wie viele persönliche oder auch finanzielle Gründe dafür sprechen. Das Mädchen legte Atteste ihres Arztes, ihres behandelnden Psychotherapeuten (Selbsthilfegruppe) und ihrer Lehrer vor, die sich alle für die Kurzzeittherapie aussprachen. Dem wurde kein Gehör geschenkt. "im Vertrauen" hieß es, man habe halt Verträge mit diesen Kliniken und wäre daher auch in der Verpflichtung, Patienten dorthind zu schicken, damit die ihre Betten vollbekommen. Was für ein Hohn angesichts monatelanger Wartelisten... Aber besser die Kleine kotzt sich jetzt noch monatelang die Seele aus dem Leib und wer weiß, ob sie dann in eine der Kliniken gehen wird (vor dem Abi sicher nicht mehr!) als dass man einmal im Interesse des Patienten entscheidet und zur (günstigeren!) Konkurrenz überweist...
Es ist so zum Kotzen! Im wahrsten Sinne des Wortes.
Ich drücke euch die Daumen, dass ihr für euren Sohn etwas erstreiten könnt. Bei "uns" war der Fall leider aussichtslos und das Geld, diese Kosten privat zu tragen, haben die Eltern nicht. Großeltern leben allesamt nicht mehr